"Wer bereits als Kind die Welt zwischen den Zeilen für sich entdeckt, geht auch später gern als Abenteurer durchs Leben." {Creativity First}

Dienstag, 31. März 2015

[Rezension] Zwei an einem Tag (David Nicholls)

David Nicholls: Zwei an einem Tag 

Wie unerschütterlich kann eine Freundschaft sein? Wie vieler Kilometer und Jahre, Enttäuschungen und ver(w)irrter Gefühle kann eine Festung standhalten, die ohne jeden Zwang entstanden und dennoch stets gewachsen ist? Fragen und Offenbarungen, denen sich David Nicholls in seinem Roman widmet. Übrigens ein Buch, zu dem ich bisher durchaus begeisterte Stimmen wahrgenommen habe. Welches Resümee bleibt am Ende für mich?


~ Rezension ~

Der Wert von Freundschaft

Als hätten die gemeinsamen Studienjahre nicht ausgereicht, um sich kennenzulernen, verbringen Emma und Dexter ausgerechnet die eine letzte Nacht nach der Abschlussfeier damit, Freunde zu werden. Beide haben Pläne für ihre Zukunft, die sie in vollends gegensätzliche Richtungen schicken. Doch wohin auch immer das Schicksal die beiden verschlagen mag, sie verlieren sich nie mehr gänzlich aus den Augen. Im Gegenteil. Es scheint, als wachse ihre besondere Freundschaft über die Distanz hinweg. Bis sie nach Jahren einen Punkt erreichen, am dem ihre Erwartungen vom Leben kollidieren und für ein Trümmerfeld sorgen. Die einstige Leichtigkeit hat sich zu einer Last entwickelt. Doch was wird nun aus dem Versprechen, das Dexter Emma damals gegeben hat?

In seinem Roman Zwei an einem Tag erzählt David Nicholls davon, dass Freundschaft zu der einen unverzichtbaren Konstante im Leben werden kann, die dich vor dem Ertrinken in Selbstüberschätzung und Selbstzweifel retten kann.

Emma und Dexter sind zwei ungleiche Charaktere mit Ecken, Kanten und Unsicherheiten. Sie werden jedoch durch den jeweils anderen zu Persönlichkeiten, die das Leben leben. Emma ist überkritisch und beharrlich, während Dexter als Weltenbummler und Lebemann Fuß zu fassen versucht. Hierbei geraten die beiden immer wieder an Weggabelungen und Klippen. Unterdessen wird vor allem das gemeinsame Miteinander und Vertrauen zueinander zur Rettungsleine.

David Nicholls hat einen Handlungsrahmen entwickelt, der über zwanzig Jahre reicht. Das heißt, der Leser wird an der Seite der beiden Protagonisten erwachsen und teilt auf diese Weise echte Glücksmomente und bittere Rückschläge mit Emma und Dexter. Ein Werdegang, der mir sehr zugesagt hat. Gerade weil er, in den vom Autor vorgegebenen Kontext gelegt, authentisch wirkt.
Weniger sympathisieren konnte ich jedoch mit der Persönlichkeit Dexters. Wenngleich er mal unterhaltsam, mal tiefgründiger gewisse Klischees verkörpert, so konnte ich mich "über all die Jahre hinweg" nicht wirklich mit seiner Entwicklung identifizieren.

Als gelungen ist hingegen die große Amplitude an Feinsinnigkeit für die Drehungen und Wendungen des Lebens, die David Nicholls in seine Geschichte einfügt, zu bezeichnen. Das jugendlich Unbeschwerte kommt hierbei ebenso zur Geltung wie das akribisch Durchdachte und sehnlichst Gewünschte. Dabei bedient sich der Autor einer Bandbreite an lebensnahen Schattierungen.

Die Betonung der Freundschaft als tragfähiges Fundament unseres Lebens sowie die Herausstellung von menschlichen Stärken und Schwächen und deren Arrangement zueinander ist eine feine Note. Jene wird über die letzte Seite des Romans, der durch einen alles andere als trivialen Twist zum Ende hin zu überraschen weiß, hinausgetragen.

Insgesamt ein Buch, das Freundschaft, Liebe und Loyalität zu mehr macht als Worten und Werten. Trotz gelegentlich empfundener Längen eine Lektüre, deren Inhalt über die reine Unterhaltsamkeit hinaus über die Wichtigkeit von beständiger Freundschaft in unterschiedlichster Form nachdenken lässt.

FZIT: Lebendig. Reflektierend. Tragfähig.


Donnerstag, 26. März 2015

[Rezension] Die einzige Wahrheit (Jodi Picoult)

Jodi Picoult: Die einzige Wahrheit 

Das Faszinierende an diesem Roman ist für mich das Eintauchen in eine Welt, die ein Teil unserer und dennoch weit von all dem Überfluss und Überdruss, mit dem wir uns konfrontiert fühlen, entfernt ist. Es handelt sich um das Leben in einer amischen Gemeinde. Hier herrscht ein Verständnis von Mit- und Füreinander, das uns in vielerlei Hinsicht abhanden gekommen ist. Doch gleichzeitig werden enge Grenzen gezogen, die das Streben nach Individualität und Verwirklichung unterbinden. Zweifelsfrei eine tiefschichtige Thematik, die es näher zu betrachten wert ist!


~ Rezension ~

Werden Erinnerungen, die trügen, zu Wahrheiten, die lügen?

Die achzehnjährige Katie Fisher liebt ihr Leben in der Amisch-Gemeinde. Nie könnte sie sich ein Leben ohne die Gemeinschaft vorstellen, denn die Welt der Englischen ist nicht ihre. Als jedoch eines Morgens ein totes Neugeborenes auf dem Hof der Fishers gefunden und Mordanklage gegen Katie erhoben wird, stellt dies die Friedfertigkeit der Amischen in ein völlig neues Licht. Denn obgleich die junge Frau ihre Unschuld beteuert, sprechen die Indizien eine andere Sprache. Doch welche Wahrheit ist nun die richtige?

In Die einzige Wahrheit erzählt Jodi Picoult die Geschichte eines erschütternden und zugleich berührenden Geheimnisses, dessen Wurzeln tiefer gehen als es auf den ersten Blick scheint.

Jodi Picoult wählte für diesen Roman ein Protagonistinnenduo, das unterschiedlicher kaum sein könnte. Katie repräsentiert mit aller Überzeugung die pazifistische Denk- und Lebensweise der Amischen, trägt jedoch ein zermürbendes Geheimnis mit sich. Ihre Anwältin Ellie kennt vor Gericht keinerlei Unsicherheiten, muss im Zuge der Verhandlung allerdings erkennen, dass Herz und Verstand nicht immer miteinander agieren und kooperieren.

Integrität und Vertrauen, Liebe und Vergebung, Angst und Ungewissheit bilden die Pfeiler der Handlung. Hierbei treffen Welten aufeinander. Der Glauben und die Lebensanschauung der Amischen wird zu dem zentralen Dreh- und Angelpunkt des Romans. Sensibel und vielschichtig greift Jodi Picoult jene Kontraste zur "englischen Welt" auf. Damit setzt sie ein unmissverständliches Zeichen der Toleranz und Akzeptanz. Eine Botschaft, die, wie ich finde, absolut von Wert ist.

Die (mitunter permeablen) Grenzen zwischen Können und Wollen, Müssen und Sollen zeichnet die Autorin mit Feingefühl und nicht weniger deutlicher Druckkraft. Innere Konflikte, persönliche Ambivalenzen und gesellschaftliche Moralvorstellungen kreieren hierbei ein Fundament, das durchaus ins Wanken kommen kann.
Die Kapitel werden zum einen aus der Perspektive Ellies erzählt, zum anderen von einem außenstehenden Erzähler dargelegt. Eine stilistische Wahl, welche die vorherrschende Zerrissenheit gleichfalls betont.

Insgesamt ein Roman, der Verzweiflung und Tragik und den Umgang mit jenen überwältigenden Gefühlen in einen Kontext bettet, der durchaus polarisiert. Dabei stellt sich eine Frage bis zum Schlusspunkt: Wie viel Wahrheit tut uns gut?

FZIT: Unverfälscht. Traurig. Nagend.


Dienstag, 24. März 2015

[Rezension] Burnout-Kids (Michael Schulte-Markwort)

Michael Schulte-Markwort: Burnout-Kids 

Wenn das dringliche und vor allem zeitgleiche Streben nach Qualität und Quantität das Leben unserer Kinder derartig bestimmt, dass es aus den Fugen gerät, dann ist dies ein untrügliches Zeichen dafür, dass ein bedeutsames Fehldenken in unserer Gesellschaft Einzug gehalten hat.

Leistungsdruck und Stress, Erschöpfung und Enttäuschung legen sich wie ein dunkler Schatten um viele Kinderzimmer. Traurig, aber wahr. Handlungsbedarf en masse besteht!

Mein Dank gilt in diesem Falle dem Pattloch Verlag für das zur Verfügung gestellte Rezensionsexemplar dieses nicht unwichtigen Werks!

Cover: Pattloch Verlag


~ Rezension ~

Wenn Leistungsdruck das eigene Spiegelbild verzerrt.

Seit einigen Jahren beobachtet der Kinder- und Jugendpsychiater Professor Dr. Michael Schulte-Markwort eine mehr als beunruhigende Entwicklung: Mehr und mehr Familien mit Kindern und Jugendlichen, die am Ende ihrer psychischen und physischen Kräfte sind, wenden sich Hilfe suchend an ihn. Diagnose: Erschöpfungsdepression, sprich Burnout. Doch welche schmerzhaften Ursachen hat es, dass zunehmend auch die jungen Patienten geradezu ausbrennen? Was führt dazu, dass unbeschwerte Neugier und aufgeweckter Lebenshunger unter der Last von Zeitmanagement, Leistungsorientierung und Zukunftsangst regelrecht begraben werden? Und noch viel wichtiger: Wie können wir diese brenzlichen Tendenzen zum Stillstand bringen?

Burnout-Kids — Wie das Prinzip Leistung unsere Kinder überfordert von Michael Schulte-Markwort ist ein Buch, das fundiert kompetent den Finger in eine Wunde legt, die es zu heilen gilt. Burnout bei Kindern und Jugendlichen ist eine Diagnose, die nicht länger flüsternd kommuniziert werden darf. Alles andere als das! Sich stellvertretend für seine Patienten Gehör zu verschaffen, das ist das große Anliegen des Autors.

In seinen breit angelegten Ausführungen fächert Michael Schulte-Markwort die Thematik der Burnout-Kids anhand fünf konkreter Fälle aus seiner alltäglichen Arbeitspraxis auf. Fünf verschiedene Kinder und Jugendliche, die das übermächtige Gefühl der Überforderung in die Knie gezwungen hat. Dieser Querschnitt durch die Patientenkartei unterstreicht, die mürbende Vielfältigkeit, in der übermäßige Erschöpfung sich offenbaren kann. Persönlicher Ehrgeiz und unterdrückte Angst können ebenso der Ursprung der Krankheit sein wie generationsübergreifende Existenzbedrohung und ein verschoben vermitteltes Bild gesellschaftlicher Normen.

Immer schneller. Immer besser. Immer mehr. Die Leistungsbereitschaft, die bereits ab dem Kindergartenalter vielerorts als selbstverständlich angenommen wird, entspricht bei Weitem keinen altersgerechten Denken, Handeln und Empfinden mehr. Wenngleich die Vielschichtigkeit gegebener Möglichkeiten unser aller Leben zusehends bereichert, so beschleunigt sich die Komplexität des Inputs andererseits. Aus gut gemeinter Intention wird somit rasch ein Hamsterrad, aus dem es nur schwerlich ein Entrinnen gibt. Die folgende vom Autor gewählte Metapher finde ich sehr prägnant und aussagekräftig: Die Kinder seien die Thermometer unserer Zeit. Und während die Temperatur steigt, sei das einzige Mittel zur Linderung unsererseits der Wadenwickel ...

Eine aufgeschlossene, reflektierende und zu Recht mahnende Darstellung von Praxiserfahrung prägen die Kapitel des Buchs. Die unterschiedlichen Komponenten des Lebens — Familie und Schule, Freizeit und Gesellschaft — bedenkt der Autor mit Worten, die zum Innehalten und vor allem zum Umdenken bewegen sollen. Denn Burnout hat einen komplexen Hintergrund, den es mit Sensibilität zu erörtern heißt.

Michael Schulte-Markwort macht deutlich, dass Burnout (bei Kids) keine x-beliebige, geschweige denn leichtfertig getroffene Diagnose ist. Dass sie allerdings gegenwärtig immer öfter, immer früher tatsächlich zutrifft, sollte ein Zeichen dafür sein, dass unsere Gesellschaft gewisse Ansprüche, Wertigkeiten und Pflichten umformen sollte. Muss. 

FZIT: Betonend. Lebensecht. Verantwortungsbewusst.


Donnerstag, 19. März 2015

[Schreibzeugkiste] Buchblog: Kompetenzlieferung frei Haus?!

Buchblogger blühen auf, wann immer sie über ihre Leidenschaft, das Lesen, berichten. Einfallsreich, vielseitig und engagiert widmen sie sich der Ausgestaltung ihrer Beiträge. Ihr Blog ist die Bühne, auf der sie tanzen können, wie es ihnen beliebt. 

Was zumeist als kleine Idee à la "Ich teile einfach mal meine Passion für Literatur" beginnt, nimmt schon bald einen nicht zu unterschätzenden, aber gern gegebenen Teil der Freizeit eines Buchbloggers ein. Denn wer mag schon halbe Sachen? Durch viel Liebe zum Detail, pfiffige Stilblüten und erfrischende Kollaborationen entstehen vielerorts Literaturblogs, die Potential haben, Leserscharen und gleichgesinnte Bücherwürmer zu begeistern.

Buchblog: Sprungbrett unterschätzter Kompetenzen?

Es ist unbestreitbar: Das Bloggen kann Türen öffnen. Klar, natürlich nicht immer die "Vom Hobbyschreiber zum ernst genommenen Profiblogger"-Pforte. Im Gegenteil, die wenigsten Blogger können wohl von der Arbeit, die sie in ihr virtuelles Reich stecken, ihren Broterwerb bestreiten. Aber das Bloggersein kann auch an anderer und vielleicht auf den ersten Blick eher indirekten Stelle eine echte Bereicherung sein. 
Die Aussagen "Ich bin (Buch-) Blogger" oder "Mein Interesse gilt dem Bloggen" werten beispielsweise einen Lebenslauf tatsächlich ungemein auf. Und werden als solche Bereicherung erkannt. So meine eigene positive Erfahrung. Denn die meisten Blogger zeichnen sich durch eine Vielzahl an Eigenschaften und Fähigkeiten aus, die in (professioneller) Zusammenarbeit und in der Berufswelt sehr geschätzt werden. Sie sind in häufigen Fällen wohl couragiert und innovativ, kreativ und diszipliniert, wortgewandt und verantwortungsbewusst. Um nur an der Oberfläche zu kratzen. 

Ein großes Plus, das in jüngerer Vergangenheit auch für — auf die Sparte der Buchblogger bezogen — Verlage und Autoren immer vielversprechender geworden ist. Eine Einladung zur Zusammenarbeit sozusagen. Die Stimmen der Blogger werden geschätzt. Weil sie eben unverfälscht, individuell und zumeist auch merklich kompetent daherkommen. Eine Entwicklung, die ich persönlich mag. Denn jenes gegenseitig entgegengebrachte Vertrauen und das wechselseitig ausgewogene Geben ist ein schöner Zug.

Dass ein Blog, wenn er denn qualitativ ansprechend geführt wird, nicht mal eben schnell nebenbei aus dem Boden zu stampfen und zu betreuen ist, sollte im Grunde jedem bewusst sein. Diese Wahrnehmung wird durch die Tatsache gestützt, dass Blogger immer öfter gezielt in die (Marketing-) Arbeit der Buchbranche integriert werden. In den meisten Fällen zwar (noch) unentgeltlich, aber oft zumindest mit dem Vorteil des großzügigen Netzwerkens ausgestattet.

Als Underdog durch die Hintertür zum Prestige?

Natürlich, es wäre schon ein sehr willkommener Gedanke, mit dem, was man liebt — sprich mit dem Bloggen — den Lebensunterhalt zu bestreiten. Der eine oder andere Vlogger (Videoblogger auf YouTube) dient hier vielleicht als Vorbild. Doch bei der Dichte an Bloggern in einer Nische, die bisher noch nicht die Popularität von Food- oder Lifestyleblogs erreicht hat, nicht zwangsläufig ein Leichtes. Alles andere als das. 
Dennoch sollte man als engagierter Buchblogger keinesfalls verzagen! Denn unsere Daseinsberechtigung bestätigt sich täglich. Nicht ohne Grund gehören Plattformen für Blogger (wie das Bloggerportal von Random House), journalistische Messeakkreditierungen für unsere Zunft oder auch die Möglichkeit, als gefragte Kolumnisten für Online- und Printmedien zu schreiben, zu wertgebenden Zugpferden.

Es ist auch nicht immer leicht, die Spreu vom Weizen zu trennen. Gerade weil das Medium Blog so einfach zu bedienen scheint. Aber, wie bereits gesagt, nur weil sich ein Blog binnen zehn Minuten anlegen lässt, heißt das nicht, dass eine kontinuierliche Pflege dessen ein lockerer Pausenfüller ist. Umso schöner und bestätigender ist es daher, wenn Autoren, Verlage, Zeitungen & Co. einen Blick dafür entwickeln, welche Blogger "das Zeug dazu haben", mitunter eben über die Grenzen des Bloggens hinaus zu scheinen. Ein Rückenwind, der wertvoll und möglicherweise ein weiterer Schritt in eine auf den verschiedenen Ebenen rentable Richtung ist. Bis dahin kann ich nur empfehlen, den eigenen Blog — ganz gleich wie klein oder groß er sein mag — mit Herz und Seele, Expertise und Originalität zu füllen und ihn an den richtigen Stellen, eben auch im Lebenslauf, hervorzuheben. Nachteilig kann dies keinesfalls sein. 

Der persönlich definierte Erfolg stellt sich dann auf die eine oder andere (unverhoffte) Weise bestimmt ein. "Wenn nicht heute, dann beim nächsten Mal" — um abschließend Biathlet Erik Lesser zu zitieren, der dies in einem Interview zur möglichen WM-Goldmedaille der Herrenstaffel 2015 im finnischen Kontiolahti meinte. (P.S.: Der WM-Titel folgte keine Stunde später.)


Dienstag, 17. März 2015

[Rezension] Märchenprinzen gibt es nicht!? (Constanze Budde)

Constanze Budde: Märchenprinzen gibt es nicht!?

Wer auf der Suche nach einer pfiffigen kleinen Liebesgeschichte ist, könnte seine Freude an diesem Roman haben.

Als mir Autorin Constanze Budde anbot, ihr Buch zu lesen, habe ich nicht lange gezögert. Denn ab und an ein klein wenig in moderne Märchen abzutauchen, ist schließlich recht willkommen. Außerdem unterstütze ich liebend gern das Wirken von Schriftstellern, die ihren Weg auch abseits der größtmöglichen Aufmerksamkeit gehen. Ein weiterer Pluspunkt also.

Nochmals: Danke schön an Constanze Budde für das großzügig zur Verfügung gestellte Rezensionsexemplar!

Cover: Forever


~ Rezension ~

Herzklopfen royale

Lene hat genug. Wie konnte Uli ihr nur derartig vor den Kopf stoßen? Es fühlte sich doch alles so einladend rosarot ein. Darüber, das ihre Freundinnen Lene versichern, dass auch sie noch ihrem Prinzen begegnen wird, kann sie nur müde lächeln. So ein Quatsch, Märchenprinzen gibt es nicht. Punkt. Doch dann wird Lene eines Abends in der Studentenbar, in der sie jobbt, auf einen jungen Mann aufmerksam, der so ganz anders auftritt, als all die Männer, denen sie bisher begegnet ist. Und weshalb bitte nennen ihn seine Freunde eigentlich "Prinz Poldi"?

Der Roman Märchenprinzen gibt es nicht!? von Constanze Budde erzählt auf königlich kurzweilige Weise von den Irrungen und Wirrungen einer großen Herzensangelegenheit.

Lene hat das Herz am rechten Fleck. Was sie allerdings nicht davor bewahrt, das ihr selbiges eben erst wieder gebrochen worden ist. Ihre Skepsis Prinz Poldi gegenüber ist demnach schon begründet. Dennoch, seine charmante, zuvorkommende und gewählte Art und Weise lassen ihr Herz schneller schlagen. Was Lene nicht ahnt: Auch Julius, wie Poldi richtig heißt, hat noch nicht gefunden, wonach er sich sehnt. 
Die Autorin hat zwei Protagonisten geschaffen, die sich angenehm ergänzen. Denn beide sind auf der Suche. Auf der Suche nach einem Anker, der bleibt. Beide Charaktere entwickeln sich im Laufe des Buchs. Und obgleich mich Lenes Misstrauen gelegentlich schon hat mit den Zähnen knirschen lassen, spült sie genau jener emotionale Wellengang letztlich in die Bucht, die Geborgenheit bietet. Nur an Land gehen, das muss sie selbst ...

Natürlich, ganz ohne watteweiche Klischees kommt dieser Liebesroman nicht aus. Wäre in diesem Genre auch irgendwie schade, nicht wahr? Aber die Autorin findet ein liebliches Maß, das filmreife Romantik mit lebensechter Selbstfindung verbindet. Denn neben Schmetterlinge-im-Bauch-Momenten spielt eine andere, wie ich finde, nicht unwesentliche Komponente eine wichtige Rolle: die Dankbarkeit dem Leben gegenüber. Einem Leben, das wir mitunter ohne die Menschen führen müssen, die uns am nähsten stehen. Was in einem Augenblick unermesslicher Ungerechtigkeit entspricht, ist im nächsten Wimpernschlag womöglich die größte Chance.

Der Stil, mit dem Constanze Budde ihre Geschichte erzählt, spiegelt einen erfrischenden, unkomplizierten und beflügelnden Unterhaltungswert wider. Mal hat der Leser das Gefühl, direkt mit Lene im Vorlesungssaal zu sitzen; dann wiederum bestechen die dänischen Wurzeln der Protagonistin. Neckische Applikationen, die das Gesamtbild gekonnt abrunden. Dazu zählt beispielsweise auch der überaus originell gestaltete Titel eines jeden Kapitels.

In der Summe ein Roman mit Chick-Lit-Charakter, der unbeschwerte Lesefreude bereitet und zugleich gewisse Ecken und Kanten des Lebens reflektiert. Nicht alles ist Gold, was glänzt. Aber das zu erwarten, wäre wohl wiederum auch äußerst eintönig, oder? 

FZIT: Apart. Lebhaft. Grübelnd.


Donnerstag, 12. März 2015

[Rezension] Das persische Café (Marsha Mehran)

Marsha Mehran: Das persische Café 

Ein Buch, das einer Hommage an die exquisiten und heilsamen Köstlichkeiten der persischen Kochkunst gleichkommt. Eingebettet in die nicht minder einladende Kulisse Irlands treffen hier Welten aufeinander, deren Annäherung (geschweige denn Verschmelzung) ein gewisses Maß an Ausdauer bedarf. 

Wie wichtig es ist, sich einen weltgewandten Blick zu bewahren, betont Marsha Mehran in ihrem international erfolgreichen Debüt.


~ Rezension ~

Genuss, der wächst.

Die drei persischen Schwestern Marjan, Bahar und Layla ziehen in ein kleines irisches Dorf, in dem die gesellschaftliche Ordnung sich den Interessen des zu allem entschlossenen Geschäftsmanns Thomas McGuire zu unterwerfen hat. Dass die Schwestern ausgerechnet hier ein Café eröffnen und den Dorfbewohnern die kulinarischen Genüsse ihrer Heimat schmackhaft machen wollen, ist Thomas augenblicklich ein Dorn im Auge. Konsequent sät er Misstrauen gegenüber den Frauen. Allzu schnell lassen sich die Schwestern jedoch nicht einschüchtern. Bis sich eines Tages die Ereignisse überschlagen und ihre zurückgelassen gehoffte Vergangenheit bitter aufkocht.

In Das persische Café kombiniert Marsha Mehran mit beachtlicher Bildhaftigkeit die Liebe zur Kochkunst mit der tragischen Historie iranischer Regimeflüchtlinge und der verträumten Kulisse Irlands.

Die drei Protagonistinnen vereinen Trauma und Hoffnung, Furcht und Entschlossenheit, Verletzlichkeit und Stärke. In ihrer Kindheit und Jugend wurden sie Opfer der Revolution. In Irland schöpfen sie neuen Mut, endlich frei sie selbst sein zu dürfen. Wenngleich die kulinarischen Raffinessen der persischen Küche und das Geschick der Schwestern, diese auf unwiderstehliche Art zuzubereiten, im Mittelpunkt des Romans stehen, so flicht Marsha Mehran auf gleichermaßen andeutungsvolle wie unmissverständliche Weise Reflexionen politischer Umbrüche und persönlicher Tyrannei ein. Eine besonders wertgebende Komponente, wie ich finde.

Auf den ersten Blick ist das eindeutige Sympathieverhältnis zu den Charakteren ausgemacht. Kulturelle und emotionale Kontraste treffen aufeinander wie Öl auf Wasser. Doch peu à peu wird die Moral zur wegweisenden Note. Obgleich die eine oder andere Wandlung in einem akuten Zeitraffer erfolgt, nehmen diese Entwicklungen der eigentlichen Botschaft nichts an Würze.

Apropos Würze, als absolutes Plus dieses Werks ist die enorme Kraft der bildhaften Erzählung in Kombination mit der Präsentation exotischer Gaumenfreude hervorzuheben. Marsha Mehran verleiht den Aromen ihrer Heimat Flügel und trägt sie in die Bücherregale (und Küchen) der Leser. Zu Beginn eines jeden Kapitels steht ein Rezept und die aromatische Wirkung eines Gerichts aus der persischen Küche, welches auf rundum passendem Wege Eingang in die Handlung findet. Eine offen ausgesprochene Einladung, über das Leseerlebnis hinaus, neue deliziöse Horizonte für sich zu entdecken.

Insgesamt ein Roman, der sowohl die Narben gesellschaftlich geduldeter Unterdrückung als auch die heilsame Kraft einer geteilten Passion fokussiert. Ein Mischungsverhältnis, welches die Harmonie von heiß und kalt, wie sie in der persischen Küche gepflegt wird, eingängig verkörpert.

FZIT: Appetitlich. Mehrschichtig. Eloquent. 


Dienstag, 10. März 2015

[Buchpost] Wenn schon Göre, dann Lesegöre.

In den vergangenen Tagen erreichte mich hübsch bunte Buchpost aus zweierlei Richtungen. Ich bin entzückt und möchte DANKE sagen!

Zum einen hat mit Autorin Constanze Budde eines ihrer Werke, nämlich Streetex — Nach vorn, zukommen lassen. An das Buch angelehnte Goodies inklusive. Ich bin gespannt auf jugendliche Schicksalshaftigkeit und eine Menge Musik.

Zum anderen flatterte mir ein Briefumschlag von text & argumente ins Haus, in dem sich Jungbloggerin Emely von den Lesegören (aus der Feder Bianka Minte-Königs) an mich wendet und mir das quirlig-pfiffige Lesegören Magazin ans Herz legt. Fröhliche Lektüre, die besonders gemacht ist für alle aufgeweckten, das Leben und ihre Talente entdeckenden "Lesegören" ab 10 Jahren. Leseproben, DIY-Ideen und Rezepte zum Ausprobieren sorgen für Abwechslung und gute Laune. Definitiv ein Schmankerl für Mädchen, die vieles erleben und dabei eine Portion Spaß haben wollen.


Donnerstag, 5. März 2015

[Neuzugang] Diagnose: Burnout.

Zeitmanagement, Leistungsdruck, Erfolg. Das sind mittlerweile nicht nur Begriffe und Normen, die das Erwachsenenleben prägen. 
Denn immer häufiger leiden nicht nur Erwachsene, sondern auch schon Kinder und Jugendliche bedrohlich dauerhaft unter Erschöpfung, Motivationsschwäche und Stress. Diagnose: Burnout.

Professor Dr. med. Michael Schulte-Markwort hat zu ebenjener ungesunden gesellschaftlichen Entwicklung sein Buch, Burnout-Kids, geschrieben. Eine Lektüre, deren ernsthafte Botschaft unmissverständlich scheint: Weniger ist mehr!


Dienstag, 3. März 2015

[Rezension] Ich sehe was, was niemand sieht (Tim O'Rourke)

Tim O'Rourke: Ich sehe was, was niemand sieht 

Dieses Buch vereint so manches, das ich sehr mag. Erstens ist es ein Jugendbuch. Eines "meiner" Genres. Zweitens handelt es sich um einen Thriller. Lasset die Ermittlungen beginnen! Drittens ist Autor Tom O'Rourke, selbst im Polizeidienst tätig, der Sprung vom beliebten Self-Pubisher zum Verlagsautor gelungen. Allein diese Tatsache ist für mich schon einen gezogenen Hut wert.
Lange Rede, kurzer Sinn: Als mich Chicken House ansprach, ob ich nicht vielleicht Interesse an dieser Lektüre hätte, war ich natürlich alles andere als abgeneigt. Daher, vielen Dank für das zur Verfügung gestellte Rezensionsexemplar! 

Cover: Chicken House


~ Rezension ~

Wenn du den Blick nicht abwenden kannst ...

Die siebzehnjährige Charley hat eine Gabe, die Fluch und Segen in einem ist. Fluch, weil sie fürchterliche Dinge sieht, die Angst machen. Segen, weil sie der Polizei helfen könnte, Verbrechen, die einem Unfall gleichen, aufzuklären und einen Mörder zu fassen. Doch bis auf den jungen, engagierten Police Officer Tom Henson scheint ihr niemand glauben zu wollen. Nicht einmal ihr eigener Dad. Wertvolle Zeit verstreicht und die Visionen vor Charleys geistigem Auge werden immer stärker. Immer realer. Und plötzlich weiß Charley selbst nicht mehr, wem und was sie noch glauben kann.

Ich sehe was, was niemand sieht ist das erste Buch, das Police Officer und Self-Publisher Tim O'Rourke in Verlagshände gegeben hat. Ein Titel mit Gänsehautpotential, der so einiges verspricht!

Charley ist ein Teenager, der sich hin- und hergerissen fühlt. Einerseits ist sie es leid, von ihren Mitmenschen — einschließlich ihres Dads — für ihre Blitze, in denen diese schrecklichen Visionen erscheinen, schief angesehen und nicht ernst genommen zu werden. Andererseits hat sie diese Ahnung, das sie jene grauenvollen Bilder nicht ohne Grund sieht. Sie möchte, nein, sie muss beweisen, dass sie weder krank noch Freak ist. Ein Konflikt, der Öl ins Feuer der Handlung gibt und Charley letztlich ins Verderben führen könnte.

In Wechseln wird die Geschichte, deren Fundament eine scheinbar zufällige Reihe mysteriöser Unfälle bzw. Selbstmorde auf den Bahngleisen ist, sowohl aus Charleys als auch aus Toms Perspektive erzählt. Die Tages- und Zeitangaben zu Beginn jedes Kapitels sorgen dafür, dass eine imaginäre Zeitbombe im Kopf des Lesers zu ticken beginnt. Ein kleines, aber feines Detail, welches den Wettlauf gegen die Zeit markant symbolisiert.

Die Art uns Weise, in der Tim O'Rourke den Spannungsbogen bis zum Showdown aufbaut, empfinde ich als äußerst ansprechend. Der Zielgruppe der Leser angepasst, auf Zack und zugleich authentisch führt er die Ermittlungen vor Augen. Dabei verknüpft er scheinbar paranormale Sinneswahrnehmungen mit einer realitätsnahen Wiedergabe der Spurensuche. Besonders gefällt mir die unverblümte Darstellung der verschiedenen Charaktere innerhalb des Polizeiteams. Nicht nur in der Fiktion gibt es Polizeibeamte mit Weitblick und jene, denen es an großer Motivation mangelt. Ein Bild, das, da Tim O'Rourke selbst in den Polizeidienst involviert ist, wohl von Insidern als absolut belegt gelten darf.

Obgleich das Ende des Thrillers verhältnismäßig kurz bzw. in gewissen Teilen sogar  zwar andeutungsvoll, aber dennoch offen gehalten wird, mangelt es nicht an Präzision. Im Gegenteil. Die Auflösung lässt einen, über den Tellerrand der Fiktion hinausschauend, schaudern. Wie viel Gefühlskälte kann ein Täter ertragen, bis ihm selbst das Blut in den Adern gefriert? 
(Übrigens: Den Verdacht, den ich all die Zeit über gehegt habe, am Ende bestätigt zu wissen, tut dem ganzen Leseerlebnis keinerlei Abbruch.)

Insgesamt ein Jugendbuch, das sich hervorragend kurzweilig liest und dabei für ein beklommenes Herzklopfen sorgt. Denn früher oder später wird sich der Täter zeigen. Und was dann geschieht, kann das Ende bedeuten ...

FZIT: Geladen. Rasant. Suchend.