"Wer bereits als Kind die Welt zwischen den Zeilen für sich entdeckt, geht auch später gern als Abenteurer durchs Leben." {Creativity First}

Dienstag, 26. April 2016

[Rezension] Willkommen in der Bürohölle! (H. Abidi & A. Koeseling (Hrsg.))

Heike Abidi & Anja Koeseling (Hrsg.): Willkommen in der Bürohölle 

Nach dem Schlachtfeld Elternabend und der Warnung Vorsicht Schwigermutter! wurde ich nun also in der Bürohölle willkommen geheißen. Ist ja fast wie im wahren Leben. Nein, nein, kleiner Scherz! 

Natürlich war ich gespannt darauf, welch schätzungsweise durchaus absurden Erfahrungswerte Heike Abidi, Anja Koeseling und ihre Mitschreiber dieses Mal zum Besten geben würden.

An dieser Stelle ein Dankeschön an den Eden Books für diese glühende Überraschungspost direkt aus der Unterwelt!

Cover: Eden Books


~ Rezension ~

Von den Irrungen und Wirrungen des Büroalltags

Überraschend ist es nicht, dass sich in den Büros der Nation eine Reihe verkannter Genies, professionalisierter Prätendenten oder allzu hilfsbereiter guter Seelen tummelt. Demzufolge ist dieses mit einem Augenzwinkern versehene Buch auch nur die logische Schlussfolgerung. Schließlich haben Generationen von Sekretärinnen, ITlern und Chefs den einen oder anderen Erfahrungswert auf den Kopierer, also, in die Waagschale zu werfen.

Bei Willkommen in der Bürohölle!, herausgegeben von Heike Abidi und Anja Koeseling, handelt es sich um eine beschwingt heitere Sammlung an Anekdoten, die, wie es der Untertitel illuster verheißt, von schrecklichen Chefs, fiesen Kollegen und unfähigen Untergebenen erzählt. Wer hat da vermutlich nicht ein Wörtchen mitzureden?

In den weit über zwanzig locker aneinandergereihten und vor allem manchmal überaus eigenwilligen Episoden dieses Buches wird eine unterhaltsame Portion Humor transportiert. Von absurden Vorstellungsgesprächen über heimliche Hierarchien bis zu brisanten Geheimnissen, die doch eigentlich schon ad acta gelegt worden waren, reichen die kurzweilig und hübsch überspitzt präsentierten Einblicke in die quälend amüsante Bürohölle.

Das Schöne an dieser possierlichen Anthologie ist, dass die Autoren es zur Chefsache erklären, eine komödiantische Atmosphäre zu kreieren, die entstaubt und lebensnah daherkommt. Zudem sorgt die reichlich bebilderte Sprache für einen schnellen Draht zu den Lesern — oder sollte man besser sagen: zu den Leidensgenossen.

Wenngleich mich einige Beiträge nicht vollends für sich gewinnen konnten, was vermutlich an der Konstellation aus Inhalt und Stilistik lag, so sorgten andere Geschichten für echte Erheiterung. Und die teuflisch feine Grundidee, die hinter diesem Buch steckt, ist einfach herrlich vergnüglich. Das Sich-in-den-Schilderungen-Wiederfinden ist nur eine Frage der Zeit. Wie umfangreich die Schnittmenge hierbei tatsächlich ist, obliegt natürlich jedem selbst. Und im Zweifelsfall hilft vielleicht auch ein Abgleich mit der im Buch angeführten Top 10 der "Eigentlich bin ich"-Typen. Wer weiß?

Summa summarum eine unkomplizierte, drollige Lektüre, die ihre Leser mit mephistophelischer Leichtigkeit zu unterhalten weiß.

FZIT: Beschwingt. Gesellig. Facettenreich.


Dienstag, 19. April 2016

[Rezension] {♫♫} Kehr Wieder (Bec Lavelle)

Bec Lavelle: Kehr Wieder 

Keine Frage, als ich hörte, Bec Lavelle würde nach sechs Jahren Pause ein neues Album herausbringen, wusste ich, es würde großartig werden. Nicht ohne Grund hatte die Sängerin (mich) u.a. bereits damals als "Stimme" der beliebten TV-Serie McLeod's Daughters und später als Teilnehmerin bei The Voice of Germany begeistern können. 

Doch es wurde mehr als großartig. Es ist schlichtweg ein Dauerbrenner. Und das ist ruhig wörtlich zu nehmen. Denn habe ich erst einmal "Play" gedrückt, ist die Dauerschleife vorprogrammiert. Okay, einmal höre ich's noch ... und noch einmal ... 
(Damit reiht sich dieses Album mit Leichtigkeit in die Kollektion meiner absoluten Lieblingsalben ein und ist neben Tim Bendzkos Am seidenen Faden und Nick Howards Stay Who You Are in exquisiter Gesellschaft.)

Vielleicht kennt ihr das auch: Es gibt Musik, die kann man immer und immer und immer wieder hören, ohne derer überdrüssig zu werden. Kehr Wieder ist zweifellos eines dieser Werke. Prädikat "Besonders wertvoll!"


~ Rezension ~

Musik, der ein Zauber innewohnt 

Entschlossenheit, Melancholie, Besonnenheit, Schmerz — das sind nur einige der Gefühle, die Bec Lavelle in den 11 Tracks ihres dritten Albums transportiert. Während der deutsche Titel "Kehr Wieder" eine Ode an Bec Lavelles Wahlheimat Deutschland ist, singt das Stimmwunder aus Australien ihre zu weiten Teilen balladisch gehaltenen Lieder in Englisch. Neben einer Vielzahl gekonnt in Szene gesetzten selbst geschriebenen Solostücken finden sich auf dem Album ebenfalls ein Cover des Klassikers River sowie zwei wunderbare Duette mit den Robertson Brothers bzw. mit James Blundell wieder. 

Mit Kehr Wieder unterstreicht Bec Lavelle ihre Klasse Singer/Songwriterin und sorgt für ein Potpourri an eingängigen Pop/Folk-Tönen, die voller Sanftmut und Kraft zugleich stecken. Für Fans, die Textlastigkeit und Emotionalität von Musikstücken schätzen, wie geschrieben. Was ich darüber hinaus ebenfalls hervorragend gelungen finde, ist die Gesamtkomposition aus (einmaliger) stimmlicher Wärme, inhaltlicher Präsenz und melodiöser Harmonie. Ein (Akustik-) Album, das in vielerlei Hinsicht voller Souveränität und Zerbrechlichkeit steckt.

Bec Lavelle berührt mit ihrer handgeschriebenen Musik, ohne aufdringlich oder überdimensional zu wirken. Im Gegenteil. Gerade eine gewisse Zurückgenommenheit und ein angenehmes Verhältnis zwischen Gesang und instrumentaler Begleitung sorgen für eine besondere, sehr eingängige Atmosphäre. Mit diesem Album beweist die Sängerin, dass auch ruhige, hier und da nachdenklich anmutende Töne absolutes Ohrwurmpozential haben. Wehmut und Beharrlichkeit, Reflexion und Dynamik schließen einander nicht gegenseitig aus. Sie machen das Leben und die Musik schlichtweg facettenreicher.

Dass Bec Lavelle als Indie-Künstlerin längst nicht nur in Down Under überzeugt, freut mich persönlich riesig. Denn ihre Stimme muss einfach weltweit gehört werden! Kehr Wieder mag ein Album sein, das nicht von einem großen Label unterstützt wird. Aber es ist ein Werk, das von einer bemerkenswerten Künstlerin geschrieben und eingesungen worden ist. 

Musik, die, wie selbstverständlich, unter die Haut und zu Herzen geht. Eine Sogwirkung, die beeindruckt. Für mich ganz klar eine der musikalischen Neuerscheinungen des Jahres 2016.

FZIT: Unwiderstehlich. Tiefenwirksam. Umarmend.


Dienstag, 12. April 2016

[Rezension] Dancing Girls, Band 1 (Heike Abidi)

Heike Abidi: Dancing Girls — Charlotte hat den Dreh raus (Band 1) 

Da ich bekanntermaßen nicht nur Fan des Tanzsports bin, sondern auch immer wieder gern in die Geschichten von Heike Abidi eintauche, war ich natürlich gespannt darauf, welchen Ton sie in ihrem neusten Coup anschlagen würde. Wie groß wird wohl der Schritt von den Dancing Girls zu den Dancing Queens sein? 

Wenn das Buchcover einen Vorgeschmack auf die Erzählung im Inneren gibt, dann dürfte uns Leser eine quietschfidele und durchaus niedliche Geschichte bei bester Laune halten...

Ein Dankeschön an den Coppenrath Verlag für die Zustellung dieser vergnüglichen Überraschungspost!

Cover: Coppenrath Verlag


~ Rezension ~

Mach das Leben zu deiner Bühne!

Charlotte liebt das Tanzen. Ein Leben ohne ihre klackernden Steppschuhe kann sie sich gar nicht mehr vorstellen. Daher freut sie sich unbändig auf die Projektwoche vor den Sommerferien. Denn in dem von ihr gewählten Tanzworkshop wird sie von früh bis abends ihrer Leidenschaft nachkommen können. Aber kaum trifft Charlotte am Montagmorgen auf die anderen tanzbegeisterten Teilnehmerinnen und Frau Siegfried, die Tanzlehrerin, trübt sich die große Freude schlagartig. Es gibt da nämlich eine Herausforderung, mit der Charlotte nicht im Traum gerechnet hätte. Und als wäre das nicht genug, hängt auch noch dieser blöde Streit mit ihrer besten Freundin Fiona bedrohlich in der Luft.

Dancing Girls — Charlotte hat den Dreh raus von Heike Abidi ist der Auftakt einer quirligen Kinderbuchreihe, die mit der Verbundenheit zum Tanzen zu begeistern weiß.

Charlotte, Emily, Ida und Yasmin verkörpern vier Charaktere, die auf den ersten Blick durchaus recht verschieden sind. Genauso wie ihre bevorzugten Tanzstile: Stepptanz, Hip-Hop, Ballett und Bauchtanz. Aber Heike Abidi lädt ihre jungen Leser dazu ein, sich während der Projektwoche der Mädchen auf ein kleines Experiment einzulassen, das unter ebenjene Oberfläche blickt. Lassen sich anfängliche Skepsis und Ernüchterung in puren Elan und ein gemeinsames Ziel verwandeln?

Für Leser(innen) ab 8 Jahren hat die Autorin eine liebenswerte Geschichte kreiert, deren innere Werte überzeugen. Entschlossenheit, Ideenreichtum und Loyalität werden großgeschrieben. Nichtsdestotrotz schaffen typische Unpässlichkeiten, die durch Kinderaugen betrachtet werden, einen Gegenpol, der Identifikation bietet. Damit tritt Heike Abidi perfekt als verständnisvolle Unterhalterin auf.

Die feine und mit kleinen Pirouetten angereicherte Handlung wird durch die Illustrationen Lisa Hänschs zudem auf anschauliche Weise hübsch aufgelockert. Genau richtig für das junge Leserpublikum.

Applaus für eine aufgeweckte Geschichte, die den Teamgeist kitzelt und mit ihrer Euphorie fürs Tanzen ansteckt. Auf den Beginn einer wunderbaren Freundschaft zwischen den Dancing Girls und ihren lesenden Fans!

FZIT: Dynamisch. Vertraut. Ehrlich.


Dienstag, 5. April 2016

[Rezension] Die Nacht brennt (Sarah Butler)

Sarah Butler: Die Nacht brennt 

Für Geschichten, die ihre Spuren hinterlassen, brenne ich. Wie passend erscheint da doch nicht nur Titel, sondern auch Inhalt dieses Romans. Er handelt von Verlust, Schmerz, Ausweglosigkeit. Ein Gesamtpaket an Emotionen, das a) überwältigen kann und b) bewältigt werden will. Zweifelsohne ein Brandherd mit Konfliktpotenzial.

Danke dem Knaur Verlag für die gestellte Rezensionsanfrage und dem damit verbundenen Leseexemplar des Buchs!

Cover: Knaur


~ Rezension ~

Und plötzlich loderte da nur noch Wut

Stick und Mac sehnen das Ende ihrer Schulzeit herbei. Gemeinsam wollen sie endlich ihre Heimatstadt Manchester hinter sich lassen und zu einem Roadtrip nach Spanien aufbrechen. Die Freiheit ruft! Aber dann, am Abend vor ihrer Abreise, ändert sich mit einem Schlag alles. Mac wird Opfer einer tödlichen Messerstecherei und Stick bleibt wie gelähmt zurück. Er verliert jegliche Perspektive und droht ins Bodenlose zu stürzen. Bis er auf J, das Mädchen mit den bunten Haaren, trifft. Zusammen sind sie weniger allein, doch Sticks Zorn verraucht nur schwerlich...

Die Nacht brennt von der Britin Sarah Butler erzählt auf nahbare und aus dem Leben gegriffene Weise die Geschichte zweier Jungen, die zu allem entschlossen waren und dann alles verloren.

Weshalb musste Mac bloß in diesem bescheuerten Hula Kostüm durch die Straßen ziehen? Diese Frage stellt sich Stick immer wieder. Hätte sein bester Freund nicht einmal weniger extrovertiert, überschwänglich, auffällig sein können? Dieser verdammte Idiot hatte seinen Spaß und er, Stick, wusste nun nicht wohin mit seiner Trauer, Verzweiflung, Wut.

Sarah Butlers Jugendroman fokussiert die diffizile, aber ebenso wichtige Thematik der Trauerarbeit (bei Jugendlichen). Dabei bleibt sie konsequent auf Augenhöhe der Zielgruppe des Leserpublikums. Schockstarre, Verleugnung, Entsetzen, Rachegedanken, Aussichtslosigkeit — all jene dunklen Facetten durchlebt der Leser gemeinsam mit Stick. Die verbitterte Suche nach einem Ventil wird Dreh- und Angelpunkt der Handlung. Ein Gefühl, das, wie ich finde, Nachvollziehbarkeit schürt.

Nicht minder spiegeln sich die jugendlichen Züge in der grob geschnitzten Rhetorik und in den teils doch oberflächlich gehaltenen Denk- und Handlungsweisen der Hauptfigur wider. Rebellion und Verletzlichkeit liefern sich ein stetes Ringen. Zum einen will Stick stark und entschlossen sein, zum anderen weiß er nicht, wohin mit seinen verkorksten Gefühlen.

Obgleich ich Sticks Empfindungen bis zu einem gewissen Grad sehr wohl erfassen kann und sich der Gesamttenor des Buchs angemessen aufgewühlt gestaltet, hatte ich dennoch meine Mühe, mich den Figuren und ihrem Schicksal durchweg verbunden zu fühlen. Die blinde Aggression Sticks wird mir auf Dauer doch etwas zu mächtig. 

Ein Roman für vornehmlich heranwachsende Leser, der eine intensive Geschichte von der Suche nach dem Sinn des Lebens und vor allem dem des Todes in den brenzligen Mittelpunkt rückt.

FZIT: Aufwühlend. Rebellierend. Brennend.