"Wer bereits als Kind die Welt zwischen den Zeilen für sich entdeckt, geht auch später gern als Abenteurer durchs Leben." {Creativity First}

Donnerstag, 21. Mai 2015

[Rezension] Die letzten Tage von Rabbit Hayes (Anna McPartlin)

Anna McPartlin: Die letzten Tage von Rabbit Hayes 

Erst einmal möchte ich großes DANKESCHÖN an die liebe Dani von Brösels Bücherregal schicken. Denn ohne sie wäre ich vermutlich gar nicht so schnell in den Genuss dieses sehr besonderen Buchs gekommen. Du bist famos!!!

Was mir nach dem Lesen dieses Romans vor allen in Erinnerung bleiben wird, ist die herzerwärmende Aufrichtigkeit, mit der die Geschichte, für die es einfach kein Happy End (mehr) geben kann, erzählt wird. Anna McPartlin verleiht damit einer unausweichlichen Endlichkeit ein spürbares Stück Unsterblichkeit. Ergreifend.


~ Rezension ~

Ein Abschied auf Raten

Rabbit Hayes ist krank. Sehr krank. Der lange Kampf gegen den Krebs hat sie gezeichnet. Aber sie ist noch nicht bereit, endgültig Abschied zu nehmen. Viel zu sehr hängt sie an ihrem Leben, das gewiss nicht immer leicht war. Doch wann immer es hart auf hart kam, konnte sie auf ihre Familie und Freunde zählen. Der Gedanke daran, diese außergewöhnlichen Menschen mit all ihren liebenswerten Macken und perfekten Makeln — allen voran ihre geliebte Tochter Juliet — nun verlassen zu müssen, bricht Rabbit beinahe das Herz. Sie spürt, dass ihr nur noch wenig Zeit bleibt. Die größte Angst hat sie jedoch nicht vor dem Sterben, sondern davor, Juliet zu erklären, dass Mum dieses Mal nicht mehr nach Hause kommen wird.

Anna McPartlins Die letzten Tage von Rabbit Hayes ist ein Roman, in dem lebensbejahende Feinsinnigkeit und tränenerstickte Erschütterung miteinander wetteifern.

Rabbit Hayes ist eine Frau, der Willensstärke, Mut und die Fähigkeit, bedingungslos zu lieben und zu leben, in die Wiege gelegt worden ist. Selbst, als der Krebs sie bereits beinahe in die Knie gezwungen hat, liegt es ihr fern, nicht das letzte Wort zu haben. Diesbezüglich kommt sie ganz nach ihrer resoluten Löwenmutter Molly. Während ihrer letzten Tage wird Rabbit von den Menschen begleitet, die ihr am Herzen liegen und von den noch immer gegenwärtigen Erinnerungen an eine Liebe, die ihr Leben für immer verändern sollte. Auf diese Weise scheint in ihrem Hospizzimmer noch einmal die Sonne.

Für mich überaus beeindruckend ist die von Anna McPartlin konsequent eingefangene bittersüße Atmosphäre. Mit großer Filigranität widmet sich die Autorin dem sehr persönlichen und individuell verschiedenen Umgang mit dem Tod eines geliebten Menschen. Rabbits Familie und Freunde sehen sich mit einer lähmenden Fassungslosigkeit konfrontiert, der sie anfangs mit einem automatisierten Funktionieren begegnen. Bis sie es zulassen, ihre Tochter, Schwester und Mum ganz allmählich loszulassen. In diesen schmerzvollen Erkenntnisprozess mischt Anna McPartlin hervorragend pointiert selige Glücksmomente, albernen Galgenhumor und bisweilen grotesk anmutende Eigenwilligkeit.

Rabbits Weg wird aus dem Blickwinkel der verschiedenen Figuren begleitet. Hierbei gehen Freuden der Vergangenheit mit Ängsten der Gegenwart und Ungewissheiten der Zukunft einher. Keiner der Charaktere bleibt dabei außen vor. So entsteht ein über alle Maßen berührendes Gesamtbild, das manchmal wie von selbst mit breitem Lächeln bedacht wird und manchmal hinter einem Tränenschleier verschwimmt.

Die Autorin schreibt angenehm eingängig und voller Bildhaftigkeit. Ebenso zeichnet sie das Hier und Jetzt im Hospiz glaubwürdig nach. Tag für Tag bestimmen dort Hoffnungsschimmer und traurige Endgültigkeit den Umgang mit den Patienten und deren Angehörigen. Eine emotional aufgewühlte Welt, welche Anna McPartlin dem Leser sensibel eröffnet. Es gelingt ihr mit ihrer fiktiven Erzählung, reale Ängste zu nehmen.

Im Draufblick ein (zu Tränen) rührender Roman, der unterlegt, dass Humor, Würde und Liebe unvergängliche Begleiter und unendlich große Stützen sind.

FZIT: Bittersüß. Einfühlsam. Ungeschminkt.