"Wer bereits als Kind die Welt zwischen den Zeilen für sich entdeckt, geht auch später gern als Abenteurer durchs Leben." {Creativity First}

Dienstag, 31. Januar 2017

[Rezension] King of Chicago: Verliebt in einen Millionär (Sarah Saxx)

Sarah Saxx: King of Chicago: Verliebt in einen Millionär 

Einen relativ deutlichen Vorgeschmack auf das, was Sarah Saxx für ihre Leser in diesem Roman bereithält, gibt bereits das Buchcover. Zurückhaltung ist hier fehl am Platz, und zwar in verschiedenster Hinsicht. Da ich nun bekanntlich eher Freund des Subtilen bin, durfte ich gespannt sein...

Danke schön, liebe Sarah Saxx, für das E-Book, mit dem du mich bedacht hast!

Cover: Sarah Saxx


~ Rezension ~

Herzschlag ins Verderben?

Travis King ist jemand, für den Geld die Liebe seines Lebens ist. Von großen Gefühlen hält er nichts, immerhin müsste er sich dann festlegen. Er gehört zu den reichsten Männern Chicagos und weiß um seine Wirkung auf Geschäftspartner, Paparazzi und vor allem auf Frauen. Und genau diesen Ruf kostet er nahezu diabolisch aus. Bis er eines Tages der Immobilienfotografin Ashley Crown begegnet. Ihre geradlinige und wiederum schüchterne Art lässt Travis aufhorchen. Entgegen jeder Gewohnheit und Vernunft wirft er jegliche konsequente Regel über Bord, um hinter Ashleys Schutzwall schauen zu können.

In King of Chicago: Verliebt in einen Millionär hält Sarah Saxx für ihre Leser eine dieser beinahe schon klassischen "junge Frau trifft Millionär"-Turbulenzen bereit, in welchen der Reiz des Unbekannten mit den absehbaren Konsequenzen ringt. 

Die beiden Protagonisten besetzt Sarah Saxx mit überaus stereotypen Rollenbildern, in deren Brust jeweils zwei Herzen schlagen. Eine Ambivalenz, auf welcher der gesamte Spannungsbogen aufgebaut ist. Die skeptische Ashley wird mutiger, was vielleicht auch an der rosaroten Brille liegt, die sie so gern tragen möchte. Der hormongesteuerte Travis zeigt mehr Herz. Doch das macht ihn für mich bedauerlicherweise noch nicht zu einem Gentleman. Was die zwei Charaktere verbindet ist zweifellos ihre körperliche Anziehungskraft zueinander. Diese weiß die Autorin wiederholend ausgiebig in Szene zu setzen. Pillow Talk wird großgeschrieben. 

Während zwischen Ashley und Travis die Funken sprühen, kann ich diesen Schwingungen eher weniger abgewinnen. Das liegt nicht an der Geschichte selbst, sondern vielmehr daran, dass es wirkt, als müssten sich beide zu sehr anstrengen, um in der Welt des jeweils anderen Fuß zu fassen. Ein Kraftaufwand, der sich für mich nicht wie ein selbstverständliches Aufeinanderzugehen anfühlt. Wiederum sind es unbestreitbar gerade diese Ecken und Kanten, von denen das Buch bis zum letzten Kapitel lebt. 

Ein Roman, der zum einen mit seinen Reizen keinesfalls geizt und den Leser in einen Strudel der Leidenschaft entführt; der zum anderen aber auch grundsätzlich nicht allzu weit über die Bettkante hinausgeht.

FZIT: Pikant. Opulent. Impulsiv.


Sonntag, 22. Januar 2017

[Laut gedacht] Sich das Abtauchen gönnen können

Wie heißt es doch so schön? Wer rastet, der rostet. 


Tatsächlich?


Denn gerade in einer Zeit, in der wir verstärkt den Druck spüren, (un)freiwillig einer merklichen Omnipräsenz gerecht werden "zu müssen", kann eine bewusst eingelegte Rast zu einer glänzenden (und ganz und gar rostfreien) Konstanten werden. Obgleich es durchaus wunderbar ist, als Hansdampf in allen Gassen viele verschiedene Eindrücke, Erfahrungen und Erlebnisse zu sammeln, so kann dieses Streben allerdings ebenso dazu führen, dass wir uns —den von unserer Generation geprägten Normen angepasst— doch früher oder später fühlen, als wäre es nicht mehr regelkonform, einmal nicht sofort auf eine Nachricht zu antworten, mehr als sieben Stunden zu schlafen oder einfach den Wolken beim Vorbeiziehen zuzusehen. 

Versteht mich nicht falsch, auch ich möchte die unterhaltsamen Live-Tweets, einen zuverlässigen Infofluss und Freunde, die anrufen, nicht missen. Ganz im Gegenteil. Außerdem würde ich wohl sonst kaum das machen, womit ich mich tagtäglich von früh bis abends beschäftige. Und solange all diese mittlerweile automatisierten Mechanismen ungezwungen ablaufen, bin ich großer Fan. Aber sobald sich eine Art schlechtes Gewissen einklinkt, weil ich mich eben ausgeklinkt habe, sollten die Alarmglocken schrillen.

Keine Maschine (Tim Bendzko, 2016)

Familie und Freunde wissen: Wer mir eine Nachricht per WhatsApp schreibt, muss zuweilen damit rechnen, erst ein, zwei Tage später eine Antwort zu bekommen (Dringlichkeiten ausgenommen). Nicht, weil ich das freundliche Hallo oder die Nachfrage nach meinem Befinden nicht schätzen würde. Und schon gar nicht, weil ich keine Lust zum Zurückschreiben hätte. (Ha! Wenn's nach mir ginge, könnte ich wohl selten genug schreiben.) Sondern einfach aufgrund eines kleinen Prinzips, das ich mir aufrechterhalten möchte. Mag etwas sonderlich sein, aber damit kann ich gut und vor allem ruhig leben. Und darum sollte es doch letztlich gehen, oder? Sich seinen eigenen Hort der Ruhe und Regeneration zu schaffen und zu erhalten. 

Und nebenbei gesagt fände ich es mittlerweile gar nicht mehr so weithergeholt, würde das Sprichwort (zeitgemäßer) heißen: Wer hastet, der rostet. Denn was habe ich davon, als 20-, 30 oder 40-Jähriger von einer Nachrichtenflut, ob nun positiv oder negativ sei einmal dahingestellt, davongespült worden zu sein und ein bisweilen ziemlich überanstrengtes Nervenkostüm zu haben, das mein biologisches Alter in die Höhe schnellen lässt? 

Es lohnt sich demnach immer, ab und an den Flugzeugmodus unserer mobilen Endgeräte zu aktivieren. Auch oder gerade wenn wir nicht über den Wolken die grenzenlose Freiheit genießen. Und zu Letzterer sollte es unbedingt gehören, ausbrechen und sich auch gelegentlich nur Zeit für sich nehmen zu "dürfen".


Dienstag, 10. Januar 2017

[Rezension] New York Diaries — Claire (Ally Taylor)

Ally Taylor: New York Diaries  Claire 

Übersprudelnd und umarmend, kokett und überwältigend. Einfach ein bisschen mehr von allem vereint nicht nur die Stadt, die niemals schläft, sondern eben auch die neue von Knaur veröffentlichte Romanreihe von Ally Taylor und Carrie Price. Vielversprechend! Denn wann immer Geschichten der beiden Autorinnen "in Serie gehen", ist eloquente Popcornunterhaltung garniert mit Herzschmerz ziemlich wahrscheinlich. So auch dieses Mal?

P.S.: Dass NEW YORK nun dank der beiden Bühne des großen Geschehens wird, macht das Entzücken für mich persönlich bereits zu so etwas wie einem Selbstläufer. Die Hälfte der (in NY zugegeben teuren) Miete ist also so gut wie drin...


~ Rezension ~

If you can make it here...

Nachdem Claire Gershwin wieder einmal das Herz gebrochen wurde, kehrt sie mit ins Kellergeschoss gerutschtem Stolz zurück nach New York. Dort findet sie Unterschlupf im Kleiderschrank ihrer besten Freundin June — und das mit Anfang dreißig. Was ist nur aus ihren Visionen geworden? Und als hätte Claire nicht schon genug mit den Scherben ihrer Gegenwart zu kämpfen, treten da auch noch Jamie, Claires erste große Liebe, und Danny, ihr bester Freund aus Kindertagen, unerwartet zurück in ihr Leben. Katastrophe oder Segen? Schließlich gab es triftige Gründe, weshalb seit Jahren Funkstille herrschte. Aber wurden die eigentlich jemals tatsächlich offen angesprochen? 

New York Diaries — Claire aus der Feder von Ally Taylor bildet den Auftakt der New York Diaries. Dies ist eine Romanreihe, die in das prächtige Kaleidoskop aus Alltagswahnsinn, Liebe und der Suche nach dem angekommen Ich in eine Weltstadt entführt.

Vertraut gewandt, bildsprachlich ausgeklügelt und emotional ansprechend wirft Ally Taylor ihre Leser/innen unmittelbar ins Geschehen. Bei diesem handelt es sich um das verworrene und gerade unbeschreiblich aufgewühlte Leben Claires. Die Autorin porträtiert eine junge Frau, die zum einen liebenswert chaotisch und witzig, zum anderen von Emotionen überwältigt daherkommt. Sie möchte endlich einen Haken hinter eine ihrer Meinung nach verkorkste Vergangenheit machen und übersieht dabei allerdings das Wesentliche: Dass sie ohne ebenjene Erfahrungen nicht die mutige, loyale Persönlichkeit geworden wäre, die nie aufgehört hat, ein wenig an den Zauber von Disney zu glauben.

Dass sich Claire nun abermals in einem Netz aus verdrängten Gefühlen, ungeahnten Ängsten und unausgesprochenen Worten zu verheddern droht, gehört einfach zu ihrem Schicksal wie die Freiheitsstatue zu New York. Natürlich sind knisternde und bittersüße Klischees und hyperventilierende Überspitzungen da nicht weit. Hallo? Das sind immerhin maßgebliche Klassiker des von der Autorin geprägten Genres! Meiner Meinung nach wird der Bogen aber nie überspannt. Denn das hohe Maß an packender Emotionalität und innerer Zerrissenheit sorgt dafür, dass die Fiktion in einen Mantel lebensnaher Glaubwürdigkeit und Tiefenwirksamkeit gehüllt wird.

Was mich an diesem Roman zudem besonders begeistert, ist die große Liebe zum Detail, mit der New York den Leser förmlich in den Bann zieht. Die Stadt wird nicht nur als Setting lebhaft in Szene gesetzt, sondern wird mit ihrer Ausstrahlung und Sogkraft zu einer weiteren Protagonistin. Ally Taylor gelingt es, uns den New Yorker "way of life" zu kredenzen wie ein köstliches Stück Apple Pie mit Sahne. Chapeau... und Nachschlag, bitte!

Ein Roman, der es seiner gewählten Kulisse gleich macht und Herzen springen, brechen und heilen lässt. Seine Botschaft? Manchmal sehen wir das Zuhause unseres Seelenheils vor lauter Wolkenkratzern nicht. Das heißt jedoch nicht, dass es nicht da ist.

FZIT: Aufmüpfig. Attraktiv. Aufwühlend.