"Wer bereits als Kind die Welt zwischen den Zeilen für sich entdeckt, geht auch später gern als Abenteurer durchs Leben." {Creativity First}

Freitag, 31. Mai 2013

[Rezension] Freak City (Kathrin Schrocke)

Kathrin Schrocke: Freak City 

Entschlossen und geradewegs heraus konfrontiert die Autorin dieses Buches ihre Leser mit einer Geschichte, die sowohl durch Dynamik als auch durch Atemlosigkeit bewegt. Persepektivenreich wird das Leben einer gehörlosen Protagonistin geschildert, deren unerschütterlich scheinende Stärke bewundernswert ist.
Akzeptanz, Toleranz und das Miteinander zu fördern, ist das erklärte Ziel dieses zu Recht mehrfach ausgezeichneten Jugendbuches. Ebendieses wird definitiv erreicht. Dank des Carlsen Verlags durfte ich ein Stück weit in einen Lebensweg eintauchen, der anders ist. Anders, aber nicht weniger (er-) lebenswert.

Bildquelle: Carlsen Verlag


~ Rezension ~

Eine Welt, in der weder leise noch laute Töne von Bedeutung sind

Bereits die erste flüchtige Begegnung mit ihr bleibt ihm, dem fünfzehnjährigen Mika, in bleibender Erinnerung. Diese unerschrockene und zugleich zauberhaft zarte Aura, die das Mädchen umgab, ließ ihn nicht mehr los. Als Mika wenig später durch einen Zufall erneut auf Lea trifft und erfährt, dass sie gehörlos ist, eröffnet sich ihm eine Welt, deren Sog zu stark ist, um unberührt zu bleiben. Hals über Kopf beschließt Mika einen Intensivkurs in Gebärdensprache zu besuchen, um Lea besser kennenlernen zu können. Doch schneller als ihm lieb ist, türmen sich Hürden vor ihm auf, mit denen er so nie gerechnet hätte.

Mit großer Intensität beschreibt Kathrin Schrocke in ihrem Jugendbuch wie es sich anfühlt, wenn zwei Welten aufeinanderprallen und trotz ihrer Verschiedenheit gibt es eine bemerkenswerte Schnittmenge, die es wert ist, zu entdecken.

Freak City portraitiert das Leben zweier Jugendlicher, die unterschiedlicher kaum sein könnten: Mika ist lässig, schüchtern und an ihm nagt der Liebeskummer. Lea ist charismatisch, wild und direkt. Mika kann hören. Lea ist gehörlos.
Die Autorin kreierte zwei Charaktere, deren Willen und Wagemut als Vorbilder gelten können und sollten. Zum einen prägen aufrichtiges Interesse und Vertrautheit ihre Beziehung, zum anderen werden Zweifel und Zurückhaltung deutlich.

Kathrin Schrocke verleiht der Thematik „Gehörlosigkeit“ eine ernstzunehmende und gleichermaßen angenehm ungezwungen wirkende Stimme. Eine Stimme, die sowohl von Hörenden als auch von Gehörlosen wahrgenommen werden kann. Ebenjene Selbstverständlichkeit hat mit besonders gefallen. Es werden Vorurteile ungeschminkt dargestellt, während im nächsten Atemzug gezeigt wird, dass Berührungsangst eine unnötige Hemmung darstellt. Wer Initiative ergreift und sich aufgeschlossen zeigt, erkennt rasch die Lebensqualität eines Gehörlosen.

Mithilfe dieses Buches, dessen legerer, gelegentlich gar betont flapsige Umgangston vor allem dem jungen Publikum in die Karten spielen dürfte, schickt die Autorin uns Leser auf eine gelungen Achterbahnfahrt: Ängste und Verstimmungen, Zuneigung und Hilfsbereitschaft, Verständnislosigkeit und Ignoranz, Loyalität und Integration – Werte und Emotionen, die gesellschaftliche Wellen schlagen und denen wir uns schleunigst stellen sollten.

Alles in allem ein Buch, das mithilfe einer lockeren Grundstimmung auch weiß, ernsthafte Töne anzuschlagen und dessen Etablierung als Schullektüre überaus zu empfehlen ist.

F★ZITModern. Fühlbar. Bedeutsam.


Mittwoch, 29. Mai 2013

[Neu im Regal] Worte + Melodien = poetische Stärke

Wie sehr ich eine Schwäche für die geballte Kraft gut gewählter Worte, poetischer Wortspiele und kluger Lebensweisheiten in Form formvollendeter Wortjonglage habe, brauche ich, glaube ich, nicht mehr explizit zu betonen, oder?

Neben wundervoll packenden Büchern gibt es auch originelle, individuelle, aussagekräftige Musik, der ich mich schlichtweg nicht entziehen kann und möchte. Wäre auch echt schade drum.
 
Um ebenjene Musiksammlung zu erweitern, traf jetzt Am seidenen Faden [akuter Dauerschleifenalarm!] von Tim Bendzko, einem Menschen mit immenser Beobachtungsgabe und großem Erkenntnisreichtum, der es wahrhaftig drauf hat, (mich) zu überzeugen, ein. 
Allen, die sympathische Musik mögen, die von Herzen kommt und zu Herzen geht, sei jenes Album mehr als empfohlen.


Dienstag, 28. Mai 2013

[Rezension] Das Herz ihrer Tochter (Jodi Picoult)

Jodi Picoult: Das Herz ihrer Tochter 

Tragende und vor allem fesselnde Familienschicksale zu beschreiben, gehört schlichtweg zu den bewundernswerten Steckenpferden der Jodi Picoult. Ebendies durfte ich auch in diesem Roman aus dem Jahr 2010 wieder einmal feststellen. Selbst die hypothetischen Ansätze der Geschichte genügten, um mich schwer schlucken zu lassen. Eine Wirkung, welche die Autorin mit ihren Werken stets beabsichtigt und die ihr Ziel auch an dieser Stelle keineswegs verfehlt hat. 
Dass unser Leben von Entscheidungen, die von Herzen kommen, unser Herz entzweien und zu Herzen gehen, geprägt ist, zeigt ein Buch wie dieses in exzellent ausbalancierter Weise.


~ Rezension ~

Wenn dein Herz auf eine Zerreißprobe gestellt wird ...

Ein unbeschwertes Familienleben scheint June Nealon vom Schicksal nicht vergönnt zu sein. Zwar findet sie nach dem Unfalltod ihres ersten Mannes neuen Halt bei Kurt und sie erwarten sogar ein gemeinsames Kind, doch noch vor der Geburt ihrer Tochter Claire, werden Kurt und Elizabeth, Junes Erstgeborene, Opfer eines heimtückischen Mordes.
Elf Jahre später - Claire wartet in größter Dringlichkeit auf ein Spenderherz - bietet ausgerechnet Shay Bourne, der zur Todesstrafe verurteilte Mörder ihrer Familie, June sein Herz für ihre Tochter an. Wieder einmal drohen die Mühlen des Schicksals June zu zermahlen, hat sie eine folgenschwere Entscheidung zu treffen, welche die Macht hat, im Leben aller Beteiligter gleichermaßen Wunden zu reißen als auch zu heilen.

Erneut widmet sich Jodi Picoult mit großer Detailschärfe, tiefen Emotionen und berechtigten Fragen einem Minenfeld, das übersät ist mit kontroversen Thematiken, welche die Gesellschaft bewegen.

Das Herz ihrer Tochter verkörpert einem Roman, in dem das Damoklesschwert spürbar kreist und stets haarscharf am Pulsschlag der Protagonisten vorbeischwingt. Zur Analyse und Diskussion stehen Themen, deren explosive Kombination eine packende Brisanz entwickeln: Organspende und Todesstrafe, Vergebung und Gerechtigkeit, religiöse Erlösung und Humanität.

Eine hohe Emotionalität erreicht die Autorin durch die Schilderung der einzelnen Handlungsstränge aus der Sicht der verschiedenen Charaktere. Dabei werden die Facetten einer verzweifelt um das Leben ihres Kindes kämpfenden Mutter ebenso minutiös herausgearbeitet wie die eines gebrochenen Insassen der Todeszelle oder die eines Priesters, dessen Weltbild schmerzhafte Risse erfährt.

Neben dem dramatisch aufgebauten Spannungsbogen sorgte bei mir vor allem die äußerst akribische Feinmechanik des Romans für einen Kloß im Hals. Dass Jodi Picoult zu den großen Autorinnen zählt, die ihr Handwerk beherrschen, steht für mich außer Frage. Ein weiteres Mal faszinierte es mich und wühlte es mich auf, wie markerschütternd und herzerweichend zugleich eine Geschichte sein kann.

Keinesfalls einseitig leuchtet Picoult ihre Handlung aus, vielmehr jongliert sie dramatisch realistisch mit Gefühlen und Argumenten, Impulsen und menschlichen Abgründen. Dabei legen psychologische, medizinische und religiöse Fakten die Grundlage für eine herzergreifende Geschichte, die Anlass gibt, wieder einmal über Genugtuung, Genesung und Gerechtigkeit nachzudenken.

FZIT: Einfühlsam. Zerreißend. Wundersam.  


Montag, 27. Mai 2013

[Neu im Regal] Eine großartige Premiere für mich

Rund ein dreiviertel Jahr nachdem ich zum ersten Mal Liz und Danny in London begegnet bin, darf ich nun eine nächste Premiere mit ihnen teilen. Denn ...

 - Wie genial ist das denn bitte??? -

... ICH darf tatsächlich und mit etwas Vorlauf eines meiner absoluten Lieblingsbücher als Betaleser noch einmal erleben. Und zwar mittels der englischsprachigen (bald erscheinenden) Ausgabe. Wow!

Einen herzlichen Glückwunsch an die Autorin C. M. Singer, deren grandiose "... und der Preis ist dein Leben"-Reihe nun auch den englischen Buchmarkt erobern darf und wird! 

Der erste Band Mächtiger als der Tod war eines der Highlights meines vergangenen Lesejahres. Und nun gehöre ich doch wahrhaftig zu denjenigen, die Ghostbound - Love is Stronger than Death noch vor dem offiziellen Erscheinungstermin in Händen halten und lesen dürfen. 

Dieses Buch ist mir im Original sehr ans Herz gewachsen und ich liebe englischsprachige Literatur. Welch verheißungsvolle Kombination! Mit großer Vorfreude werde ich mich nun der verantwortungsvollen Aufgabe eines Betalesers widmen und dabei das wundersame Flair der Geschichte von Liz und Danny noch einmal genießen.

An dieser Stelle möchte ich mich bereits sehr herzlich bei C. M. Singer für jene famose Gelegenheit bedanken.

It's gonna be massive!


Sonntag, 26. Mai 2013

[Sonntagsbrunch] Am 26. Mai 2013


Einfach einmal den Blick schweifen lassen und es tun sich neue Perspektiven auf.


~ eingefangen im Park (Rotorua, Neuseeland) ~


Samstag, 25. Mai 2013

[Buchpost] Blau, blau, blau ...

Wunderbare und in ein (unabgesprochen) uniformes Meeresblau getauchte Buchpost fand in dieser Woche ihren Weg zu mir.

Zuallererst durfte ich Freak City von Kathrin Schrocke auspacken. Ein Jugendbuch, das Mauern sprengt und deutliche Zeichen setzt, denn nie zuvor wurde derartig hautnah eine gehörlose Protaginistin portraitiert wie in diesem Buch. Eine äußerst spannende Thematik, wie ich finde.

Ebenfalls von einem blauem Cover geschmückt fiel mir Abzählen von Tamta Melaschwili in die Hände. Ein Werk über Kinder, die aufgrund des Krieges viel zu schnell erwachsen werden müssen und für welches die Autorin in ihrer Heimat Georgien mit dem Literaturpreis Saba ausgezeichnet worden ist.

Zu guter Letzt bedachte mich Oetinger Taschenbuch/PINK mit seiner Verlagsvorschau für das kommende Herbst-, Winter- und Frühjahrsprogramm. Sehr inspirativ und nicht weniger verlockend.


Freitag, 24. Mai 2013

[Rezension] The Apprentice (Tess Gerritsen)

Tess Gerritsen: The Apprentice 
[deutscher Titel: Der Meister]

"Rizzoli & Isles" ist eine der Fernsehserien, die mich seit geraumer Zeit sehr begeistern können. Daher konnte ich es mir selbstverständlich nicht entgehen lassen, eines der Bücher zu lesen, in denen die Serie ihre Wurzeln hat. 
Tess Gerritsen überzeugte bisher zahlreiche Leser weltweit ... und nun auch mich. Gegen einen handfesten Krimi habe ich gewiss nichts einzuwenden und dieser brachte das für mich passende Format zweifelsohne mit.


~ Rezension ~

Sichere das Schloss an deiner Tür – einmal, zweimal, dreimal!

Eine grauenvolle Mordserie an wohlhabenden Ehepaaren erschüttert Boston und veranlasst Detektive Jane Rizzoli und ihr Team zu einer Jagd, bei der ihnen der bestialische Täter allerdings stets einen Schritt voraus zu sein scheint. Nur allmählich setzt sich das Puzzle zusammen und sämtliche Details des Tathergangs weisen auf den seit einem Jahr inhaftierten Serienmörder Warren Hoyt hin. Ein Mann, der aufs Äußerste unberechenbar ist und dem Rizzoli selbst nur knapp als Opfer entkommen ist. Seither hat sie mit den psychischen Folgen dieses Übergriffs zu kämpfen und fühlt nun erneut, wie ihr die Rolle als Ermittlerin aus den Händen zu gleiten droht.

Tess Gerritsen, Autorin der beliebten Reihe um Jane Rizzoli und Maura Isles und bekannt für ihre spannungsgeladenen Krimis, gelang mit The Apprentice ein Werk, das Seite um Seite für wachsende Anspannung sorgt.

Nicht nur die brutalen Morde, deren detailreiche Schilderung auf umfangreiche Recherche seitens der Autorin schließen lassen, sondern auch die persönliche Nähe und Betroffenheit der Jane Rizzoli entfesseln eine beklemmende Atmosphäre, welche mich als Leser zu fassen bekam.

Wenngleich dieses Buch gewissermaßen eine Fortsetzung darstellt, so fällt es nicht schwer diesen Fall von Rizzoli & Isles separat zu beleuchten. Etwaig notwendige Informationen aus vorangegangener Entwicklung werden an den Leser herangetragen und in die neue Handlung eingeflochten.

Mich faszinierte vor allem die sich konsequent auf guten Niveau befindliche Spannung, deren Bogen durch geschickt eingestreute Wendungen und Entwicklungen stetig gehalten wurde. Die Zuspitzung des Showdows ließ sich in gewisser Weise erahnen, war allerdings nicht eindeutig absehbar. Eine Tatsache, die insbesondere der psychopathischen Haltung des Warren Hoyt zuzuschreiben war.

Des Weiteren empfand ich es als sehr ansprechend, dass Jane Rizzoli nicht nur als schlagfertiger weiblicher Detektive in einer Männerdomäne gezeigt wurde, sondern ebenfalls ihre nach Geborgenheit und Sicherheit aufbegehrende innere Stimme zu Wort kam.

Insgesamt ein Krimi, der, wie ich finde, die Grundzüge seines Genres vollkommen erfüllt und darüber hinaus durch die Persönlichkeit einer resoluten und zugleich empfindsamen Protagonistin überzeugt. Das Gefühl, die Falle könnte jeden Moment zuschnappen, schwingt – anfangs noch subtil, später unmissverständlich deutlich – zwischen den Zeilen immer mit. Ein Aspekt, der Thrillerlesern mit Leidenschaft umso mehr in die Karten spielen dürfte.

F★ZITBeängstigend. Persönlich. Drängend.


Mittwoch, 22. Mai 2013

[Schreibzeugkiste] Unbezahlbar: Wenn (d)eine Idee wie ein Blitz einschlägt

Zu den besten Momenten, an deren Perfektion nur wenig herankommt, gehört es für mich, wenn mir eine winzige Idee förmlich in den Kopf schießt und sich daraus in Windeseile wie ein Lauffeuer das komplette, noch nicht formvollendete und dennoch wundersam wonnige Netz einer ganzen Geschichte webt. 
In solchen Augenblicken kennst nur du deine Geschichte, doch alles wirkt derart stimmig, dass es mehr als wert ist, sie nun schnellstens festzuhalten und damit auch greifbar zu machen!

Ich weiß nicht, ob ich es jemandem, der sich dem Schreiben nicht allzu sehr verbunden fühlt auch nur annähernd adäquat beschreiben kann, aber jeder passionierte (Hobby-) Autor wird sie wohl nachvollziehen können: diese Euphorie, welche dieses Feuerwerk an erhellenden Geistesblitzen mit sich bringt. Mit einem Schlag kommt eins zum anderen und plötzlich ist die Zündschnur entfacht, die eine Explosion an Worten, die aufs Papier fallen wie warme Sonnenstrahlen, einzigartig individuelle Schneeflocken, zarte Blütenblätter oder prasselnde Hagelkörner, unausweichlich zur Folge hat. Eine Woge des Elans, die mit der Wirkung von springendem Popcorn [macht einfach gute Laune und schmeckt frisch am allerbesten] zweifelsohne vergleichbar ist.

Es ist schlichtweg jenes unbezahlbare, flirrende Mehr-davon-Gefühl samt Glückseligkeit einer ersten Idee, aus der im besten Falle etwas werden kann, in dem ganz viel Herz und Seele des Schreibenden stecken, und von dem (einige bis gegebenenfalls sehr viele) andere Menschen ebenso sagen, dass es ihnen etwas bedeutet.

Ob ihr nun schreibt oder nicht, dass euch dieses ganz spezielle und vor positiver Energie und Optimismus leuchtende Gefühl bekannt ist, wünsche ich euch!


Dienstag, 21. Mai 2013

[Rezension] My Sister Lives on the Mantelpiece (A. Pitcher)

Annabel Pitcher: My Sister Lives on the Mantelpiece 

[deutscher Titel: Meine Schwester lebt auf dem Kaminsims]

Seit längerer Zeit hegte ich den Wunsch, jenes Buch unbedingt lesen zu wollen. Nun war also der Moment gekommen.
Wahnsinn, was für ein intensives Werk, dessen Botschaft unmissverständlich deutlich und zugleich uneingeschränkt generationsübergreifend und wie für Familien gemacht formuliert ist. Hinzu kommt ein entzückender Protagonist, der sich seinen Platz in meinem Herzen auf ewig gesichert hat.
Ein Buch, das seine Leser definitiv weit über die letzte Seite hinweg beschäftigt und mich vor allem durch den unerschütterlichen Willen, das Gute im Leben zu erkennen und nicht zu versäumen, beeindruckt hat. Nicht nur einmal kam mir der Gedanke: Wie soll ein einziger (kleiner) Mensch all das verkraften können?


~ Rezension ~

Im Sturm war mein Herz erobert!

Fünf Jahre ist es nun her. Seitdem sehnt sich der zehnjährige Jamie nach ein wenig Normalität. Doch seit seine Schwester Rose bei dem Attentat in London ums Leben kam, steht seine Welt still. Seine Eltern sind gebrochene Menschen, seine Schwester Jas rebelliert und Jamie selbst vermisst Rose nicht ein winziges Stück, schließlich kann es sich nicht einmal wirklich an sie erinnern. Als er nun mit seinem Vater, Jas und seinem geliebten Kater Roger aus London wegzieht, ist er voller Hoffnung auf Besserung, doch stattdessen muss er sich jeden Tag aufs Neue durchbeißen und findet ausgerechnet bei einem Menschen Halt, den er niemals mögen dürfte.

Für mich ist My Sister Lives on the Mantelpiece ein Werk, das herzerweichender kaum sein könnte. Annabel Pitcher kreierte eine Geschichte, die durch und durch unter die Haut geht, Tränen in die Augen treibt und beim Leser den dringlichen Wunsch eines Happy Ends auslöst.

Als Erzähler tritt Jamie selbst auf, was der Geschichte einen absolut goldigen Anstrich verleiht, dessen Strahlkraft über jeden Rückschlag, jede Gemeinheit hinwegleuchtet. Die kindliche Erzählweise, die durch eine messerscharfe Ehrlichkeit, eine unerschütterliche Hingabe sowie eine infantile Naivität bereichert wird, bringt ein Schicksal auf den Punkt, welches stellvertretend für die Verletzlichkeit von Kinderseelen steht.

Die von Annabel Pitcher modellierten Protagonisten erfüllen die verschiedensten Rollen und polarisieren dabei. Selten zuvor hätte ich lieber meine Hand schützend über eine Figur gelegt als im Falle von Jamie. Die Last, die er zu (er-) tragen hat, spürte ich während des Lesens deutlich auf meinen eigenen Schultern und in meinem Herzen. Sunya und Jas sind für mich ebenfalls wahre Helden, während ich die Kälte der Mutter als unsagbar schwer zu akzeptieren empfand.

Geliebte Menschen loszulassen, stellt eine unüberwindbar scheinende Hürde dar und jeder Mensch muss einen eigenen Weg finden, damit umzugehen. Die Autorin zeigt in diesem Buch, wie notwendig es ist, Abschied zu nehmen und darüber hinaus nichtsdestotrotz weiterzuleben. Zusammenhalt, Vertrauen und Hoffnung sind nach einer solchen Erschütterung unabdingbar. Alles andere wäre fatal!

Jamies Geschichte erzählt davon, dass der Glaube Berge versetzen kann; dass wahre Freundschaft einem Sprungtuch nach freiem Fall gleicht; und dass – auf lange Sicht gesehen – schmerzliche Wahrheiten heilender sind als verzweifelt aufrechterhaltene Illusionen.

Ein Buch für Klein und Groß, das lachen und weinen, glauben und verzweifeln, innehalten und kämpfen lässt. Eine Erzählung, die in einem Moment süß wie Honig auf der Zunge zergeht und im nächsten Augenblick einen gallebitteren Beigeschmack hat.

F★ZITFragil. Herzerwärmend. Erfüllend. 


Sonntag, 19. Mai 2013

[Sonntagsbrunch] Am 19. Mai 2013


Wenn sich beim Spaziergang das gewisse Etwas, der X-Faktor, der Natur offenbart ...


~ eingefangen entlang des Kanals (Deutschland) ~


Samstag, 18. Mai 2013

[Neu im Regal] Wenn das Leben dich aus der Bahn wirft ...

Wie sehr sich die zwei Bücher, die mir unlängst ins Haus flatterten, hinsichtlich ihres emotionalen Tiefganges ähneln, wurde mir erst richtig bewusst, als ich sie ausgepackt in Händen hielt.

Ich liebe Bücher voller Gefühlsschärfe und daher freue ich mich immens auf Jojo Moyes Me Before You (Ein ganzes halbes Jahr) und My Sister Lives on the Mantelpiece (Meine Schwester lebt auf dem Kaminsims) von Annabel Pitcher

Beides Werke, die in vieler Munde sind/ waren und deren inhaltlicher Wirkung ich mir bereits im Vorfeld ziemlich sicher bin. Für die englischsprachigen Originalausgaben habe ich mich übrigens (wieder einmal) entschieden, weil mir das Lesen von englischer Lektüre doch mehr als etwas fehlt. Daher muss ein wenig Kompensation auf diesem Wege doch schon sein.


Freitag, 17. Mai 2013

[Rezension] The Future of Us (Jay Asher & Carolyn Mackler)

Jay Asher & Carolyn Mackler: The Future of Us 
[deutscher Titel: Wir beide, irgendwann]

Anstelle der bewährten und der von Nebel durchzogenen Kristallkugel wird sich in ein soziales Netzwerk eingeloggt, um einen Blick in die Zukunft zu riskieren. Eine Methode, die doch etwas beängstigt sein mag, andererseits im entsprechenden Kontext die ideale Steilvorlage für ein Jugendbuch bildet.
Die Geschichte der Autoren Asher und Mackler wollte ich seit längerer Zeit lesen, denn die Gesamtkomposition sprach mich schlichtweg an. Als Fazit kann ich sagen, dass mich die Originalversion von "Wir beide, irgendwann" tatsächlich herrlich unterhalten hat und besonders bei der anvisierten Zielgruppe ins Schwarze treffen dürfte.


~ Rezension ~

Das sehr besondere Was-wäre-wenn-Szenario

Wir schreiben das Jahr 1996. Eine Zeit, in der die Nutzung des Internets eine Rarität ist und Facebook noch keine virtuellen Freundschaften knüpfen lässt. Dennoch gelingt es Emma und Josh, besten Freunden seit dem Sandkasten, sich durch einen Zufall in ihre zukünftigen Facebook-Profile einzuloggen. Dies ist Schock, Verlockung und Chance zugleich und schnell wird aus Neugier ein Spiel mit dem Schicksal, das ihre Freundschaft auf eine herbe Zerreißprobe stellt. Denn jede noch so winzige Entscheidung in der Gegenwart verändert plötzlich die Zukunft einschneidender als ihnen lieb ist. Mit einem Mal wandelt sich das coole Geheimnis der beiden Freunde zu einem Sog, der sie ins Wanken bringt. Doch ist es zu spät, um die Notbremse zu ziehen?

Das Autorenduo Jay Asher und Carolyn Mackler hätte in The Future of Us wohl kaum eine zeitgemäßere Thematik als die Macht des bedeutendsten sozialen Netzwerkes der Gegenwart aufgreifen können, um die Aufmerksamkeit der (jungen) Leser für sich zu gewinnen. Aus meiner Sicht ein äußerst cleverer Schachzug!

Sehr gekonnt verknüpfen die Autoren mittels einer schwungvollen Geschichte, die sowohl nostalgische Erinnerungen weckt als auch Neugierde auf Zukünftiges schürt, das Empfinden völlig verschiedener Teenager-Generationen. Dabei wird mit den charakteristischen Emotionen wie Vertrautheit und Übermut, Unsicherheit und Zielstrebigkeit behände Roulette gespielt. Eine Tatsache, die dazu beiträgt, durch die Seiten zu fliegen, als würde eine Kassette vorgespult werden. Nicht weniger hat der ungezwungene Schreibstil, der die Gefühlswelt der jungen Protagonisten widerspiegelt, seinen Anteil an der hohen Unterhaltsamkeit des Buches.

Die gewisse Vorhersehbarkeit der Handlung wurde auf der anderen Seite durch eine stete Unberechenbarkeit, welche durch die sich wandelnden Updates auf Facebook gelenkt wurde, ausgeglichen. Eine Kombination, die ich als angenehm empfand. Ebenso erlauben die Figuren dank der wechselnden Rolle des Erzählers Einblick in ihre (Gefühls-) Welt, wenngleich dem Leser hier und dort genügend Spielraum für eigene Interpretation gelassen wird, da nicht immer Ausführlichkeit dominiert.

Besonders markant und dementsprechend facettenreich geschildert wurde für mich die Bedeutung von Freundschaft transportiert. Ein Bund, der einerseits jeglicher Erschütterung standhalten kann, andererseits sehr fragil und wertzuschätzen ist.

Ein (Jugend-) Buch, dessen Idee erquickend, innovativ und verspielt hypothetisch daherkommt, gleichzeitig einige Klischees bedient und damit nicht nur Teenager unterhält. Kurzum: Eine Geschichte mit Profil.

F★ZITEinfallsreich. Jugendlich. Verziert.


Mittwoch, 15. Mai 2013

[Rezension] Kein Kuss unter dieser Nummer (S. Kinsella)

Sophie Kinsella: Kein Kuss unter dieser Nummer 

Da ich locker-flockige Unterhaltungsromane durchaus zum Standardrepertoire meiner literarischen Menüfolge zähle, war ich hoch erfreut, als Sophie Kinsellas neues Werk, das der Goldmann Verlag publiziert hat, bei mir eintraf.
Dank meiner bisherigen Kinsella-Leseerfahrung konnte ich mich in Sicherheit wiegen, erneut einen guten Griff getätigt zu haben. Schon der erfrischende Titel gab mir Spielraum für Vermutungen und Interpretation. Doch auf das, was mich dann erwartete, wäre ich auf die Schnelle nicht gekommen.
Die amüsante Geschichte verziert mit ein paar pfiffigen Schnörkeln las sich rundum harmonisch, sodass ich wirklich nicht enttäuscht worden bin.


~ Rezension ~

Mit lieben Grüßen Xxxx

Mitten in den Vorbereitungen zur Hochzeit mit ihrem hinreißenden Verlobten Magnus steckt Poppy Wyatt. Alles könnte perfekt sein! Wenn, ja, wenn Poppy nicht ausgerechnet ihr Verlobungsring abhanden gekommen wäre. Der Ring, der sich seit Generationen im Besitz von Magnus’ Familie befindet. Ein Desaster! Doch so recht nimmt die Pechsträhne erst Fahrt auf, als Poppy auch das Handy – ihr Ein und Alles, praktisch ihr Leben – gestohlen wird. Eine Katastrophe!
Allerdings wäre Poppy nicht Poppy, würde sie nicht spontan improvisieren. Ein Talent, das ihr jedoch manchen Fallstrick beschert und nicht nur ihr Leben auf den Kopf stellt, sondern das des erfolgreichen Geschäftsmannes Sam Roxton gleichfalls. Ein Dilemma!

Wie gewohnt besticht Sophie Kinsella in ihrem neusten Roman Kein Kuss unter dieser Nummer durch eine leichtfüßige, humorvolle und schmissige Geschichte, in der Tiefgründigkeit eher die zweite Geige spielt.

Die Handlung wird in eine Kulisse eingebettet, die zum einen recht bodenständig und alltäglich daherkommt, zum anderen wie ein Regenbogen schillert.
Poppy Wyatt und Sam Roxton als Protagonisten könnten unterschiedlicher nicht sein, spielen sozusagen in verschiedenen Ligen und liefern sich dennoch einen Schlagabtausch auf Augenhöhe. Das stete Geben und Nehmen samt ungeahnter Wendungen sorgt für eine quietschfidele Unterhaltung.
Die Tollpatschigkeit der Poppy kombiniert mit ihrem Glauben an das Gute und ihre überdurchschnittlich ausgeprägte Hilfsbereitschaft gibt der Geschichte eine gute Portion Würze. In zwei, drei Passagen des Buches ist die Kuriosität zu groß, um nur still vor mich hin schmunzeln zu können.

Die aufgegriffene Thematik, die der virtuellen Kommunikation, die wir mittlerweile nahezu rund um die Uhr an sieben Tagen der Woche führen, wird in diesem Werk als unterhaltsames Stilmittel genutzt. Dies trägt dazu bei, dass sich der Leser an der einen oder anderen Stelle durchaus selbst erkennen kann, sodass die Autorin einen unmittelbaren Draht (in doppelter Hinsicht) zu ihren Lesern hat.
Insgesamt unterstreichen lebhafte Dialoge, bildreiche Beschreibungen und ein aussagekräftig geschildertes Auf und Ab der Gefühlsachterbahn die rasanten Erlebnisse der liebenswert-chaotischen Hauptfigur.

Für Kinsella-Romanen zugewandte und/ oder Situationskomik liebende Leser hat dieses Buch einiges zu bieten: einige Turbulenzen, verschmitztes Herzklopfen und drollige Stereotype. Xxx

F★ZITFrohsinnig. Temperamentvoll. Intuitiv.


Dienstag, 14. Mai 2013

[Ich schreibe] "Abenteuer Südhalbkugel" (Teil 4)

Rückblende zum dritten Teil

Abenteuer Südhalbkugel (4)

 Ole –

Im ersten Sekundenbruchteil dachte ich, ich halluzinierte. Vor lauter positivem Schreck fiel mit beinahe das Stativ aus der Hand. Aus vier Metern Entfernung strahlte mich dieses unverkennbare Lächeln an, das mich schon bei der ersten Begegnung vereinnahmt hatte. Obleich ich jedoch gestehen muss, Helena schaute mir sehr verdutzt entgegen. Das verlieh dem Ganzen eine offensichtliche Komik. Aber Hand aufs Herz, ich blickte wahrscheinlich nicht intelligenter drein.
Ehrlich, diese Überraschung war gelungen. Sogar mehr als ich es mir hätte ausmalen können. Peng!

 Helena –

Wer hätte das geahnt? Ich traute meinen Augen kaum und meinen Ohren noch weniger, als ich mich selbst sagen hörte: „Ach herrje, jetzt hab ich gar nicht genügend Tomatensaft im Haus.“ Ehrlich, welch Begrüßung. Zu meiner Entschuldigung darf ich allerdings einwerfen, dass ich wahrlich überrumpelt war. Im gänzlich positiven Sinne. Peng!

Muss ich anfügen, dass uns an diesem Abend der komplette Vorrat an Tomatensaft meines Lieblingsitalieners gerade wie gerufen kam? Zur Feier des Tages stießen wir auf die wundervollste und zugleich kurioseste Verstrickung unseres Lebens dieses Mal mit Bloody Marys an.
Ich meine, Asterix und Obelix schwören auf ihren Zaubertrank, meine Oma Hermine ist von der Magie ihrer Honigmilch überzeugt und wir pochen seit unserer ersten prägenden Begegnung umso mehr auf die positive Wirkung von Tomatensaft. Immerhin stand dieser am Beginn einer fabelhaften Freundschaft, einmaligen Seelenverwandtschaft und starken Partnerschaft. Gibt es ein schlagkräftigeres Argument?


© Kora Kutschbach

Montag, 13. Mai 2013

[Ich schreibe] "Abenteuer Südhalbkugel" (Teil 3)



Abenteuer Südhalbkugel (3)

– Helena –

Als ich nach spektakulären acht Wochen voller atemberaubender Erlebnisse und herzlichster Gastfreundschaft zurückkam, vermisste ich das Kiwiland schon bevor ich überhaupt den Wohnungsschlüssel aus der Tasche gekramt hatte. Außerdem fühlte ich mich nach diesem Langstreckenflug wie gerädert, hatte mich doch eines dieser modernen Luxuspaare mit langwierigen Gesprächen über Glitzerhalsbänder für Hunde und Gurken-Joghurt-Gesichtsmasken vom Schlafen abgehalten. Ach ja, kein Vergleich zu der Unterhaltsamkeit und dem Humor in Oles Anekdoten.
Während ich meine angesammelte Post überflog, fielen mir augenblicklich die zahlreichen bunten Postkarten auf, die den Haufen aus größtenteils eintönig wirkenden Briefumschlägen belebten.
Oh mein Gott, ich mochte es kaum glauben. Ole hatte mir mehr als zwanzig Postkarten geschickt, auf denen er schrieb, dass er Wale beobachtet hatte; dass es sich während eines enormen Regengusses pitschnass in den nächst besten Unterschlupf geflüchtet hatte; dass er einen dreiviertel Cheesecake mit einem Mal ganz allein verdrückt hatte und glaubte, nun danach süchtig zu sein. Herrlich. Ich ließ alles stehen und liegen, schwang mich auf mein Bett und vertiefte mich in seinen Urlaubserinnerungen. Das alles kam mir gleichermaßen surreal als auch wunderbar vertraut vor. Beinahe als wären es gemeinsame Erinnerungen.

– Ole –

Nachdem ich das Aussteigerleben und die totale Freiheit im Land der langen weißen Wolke für drei Monate unheimlich genossen hatte, fühlte ich mich zurück in Schwerin ein wenig wie Falschgeld. Diese Hektik, diese Akkuratesse, diese Zugeknöpftheit. Nun, es nutzte alles nichts, denn irgendwie musste ich schließlich meine Brötchen als Werbefotograf verdienen. Daher nahm ich ohne langes Zögern gleich den Auftrag an, einen erkrankten Kollegen zu vertreten.
Dafür sollte ich für ein verlängertes Wochenende nach Erfurt fahren, wo ich für ein Hochglanz-Lifestyle-Magazin Fotos schießen würde. Nichts Aufregendes aber durchaus passabel. Fotos – mein täglich Brot. Erfurt – Moment mal. Wenn ich mich in letzter Zeit einer Stadt verschrieben hatte (im wahrsten Sinne des Wortes), dann doch wohl Erfurt. Immerhin hatte ich rund zwei Dutzend Postkarten in die thüringische Landeshauptstadt geschickt.
Super, ich würde dann vor Ort einfach schauen, wie sich das alles arrangieren ließ und spontan bei Helena an die Tür klopfen.

– Helena –

Einer meiner Kunden war über die von mir entworfene Innenausstattung seines Wohnzimmers derart ins Schwärmen geraten, dass eines dieser hippen Fühl-dich-rundum-wohl-Magazine eine komplette Dokumentation samt Fotoserie und Interview mit mir plante. Ich muss gestehen, das hatte schon etwas.
Ein wenig angespannt, dennoch voller positiver Vorfreude begab ich mich also an diesem Freitagmorgen in mein gemütliches Büro im Hinterhof einer kleinen Gasse. Ich bekomme zwar immer wieder zu hören, dass Büro und Gemütlichkeit so viel gemeinsam hätten wie Golfspielen und Naturschutz; ich wiederum denke, als Raumdesignerin wäre ich wohl unbrauchbar, wenn ich mein eigenes Büro nicht mit einem gewissen Touch gemütlichen Flairs versehen könnte.
Ich schüttelte gerade die letzten Kissen in den Korbstühlen in rechte Positur, als die dreiköpfige Abordnung des Magazins eintraf. Der engagierte Fotograf würde innerhalb der nächsten fünf Minuten eintreffen. Gar kein Problem.
Als es wenig später an der Bürotür klopfte und ein großer Mann mit professioneller Fotoausrüstung im Rahmen stand, fiel mir die Kinnlade komplett herunter.


 Fortsetzung folgt 
© Kora Kutschbach

Sonntag, 12. Mai 2013

[Sonntagsbrunch] Am 12. Mai 2013


Jeder Tag birgt eine neue Entdeckungsreise in sich.


~ eingefangen im Elsass (Frankreich) ~


Samstag, 11. Mai 2013

[Ich schreibe] "Abenteuer Südhalbkugel" (Teil 2)

Rückblende zu Teil 1

Abenteuer Südhalbkugel (2)

 Helena –

Herrje, ich wusste gar nicht mehr wie wunderbar es sich anfühlte, sich nach Herzenslust zu verquatschen. Schon hatte sich Ole vom Wildfremden mit den markanten Kulleraugen, dem verwegenen Haarschnitt und der sympathischen Stimme zu so etwas wie einem Freund entwickelt. Hätte nicht geglaubt, derart schnell Freundschaften zu schließen. Vielleicht bin ich manchmal schlicht zu vertrauensselig, vielleicht lag es am veränderten Luftdruck. Auf jeden Fall plauderten wir ununterbrochen und keiner von uns schien dessen müde zu werden. Ich denke, ich hatte bis dato nur selten solch unterhaltsame Gespräche geführt, ehrlich. Normalerweise bin ich diejenige, die den Dialog voranbringt. Was gelegentlich wahrlich ermüdend sein kann. Mag man mir das nun glauben oder nicht. Doch in diesem Fall waren zwei ebenbürtige Wortakrobaten aufeinander getroffen. Daher genoss ich es zunehmend, einfach nur Oles lebhaften Erzählungen zu lauschen.
Ehe wir es uns versahen, landeten wir zum Zwischenstopp in Singapur. Dabei hätte ich schwören können, wir hätten gerade einmal die Strecke Frankfurt (Main) – Rom zurückgelegt. Auf der zweiten Hälfte des Fluges bis nach Sydney fanden wir ebenfalls kaum in den Schlaf. Ich bemerkte mit einem Mal diese eigenartig belebende Elektrizität, die durch meine Adern zu pulsieren begann. Aus diesem Grund hätte ich schwerlich überhaupt ein Auge zubekommen. Inzwischen hatte ich Ole von meinem halben Leben erzählt und er berichtete mir ebenfalls von sich als wäre es das Selbstverständlichste der Welt. Hm, Vertrauensseligkeit oder Vertrautheit?

 Ole –

Glücklicherweise hatten wir denselben Anschlussflug von Sydney nach Auckland gebucht. Zufälle gibt’s. Irgendwie gelang es uns auch die Plätze so hin- und herzutauschen, dass wir für die verbleibenden drei Stunden nebeneinander sitzen konnten. Darauf einen Tomatensaft!
Mein anfänglicher Unmut hinsichtlich ausschweifender Gespräche hatte sich in Luft aufgelöst und ich genoss das ungezwungene, beinahe befreite Gefühl des Redens und Zuhörens. Hätte mir jemand vor Reiseantritt versichert, ich würde bei Ankunft in Neuseeland eine Freundschaft fürs Leben geschlossen haben, hätte ich jene Chance für äußerst belächelnswert gehalten. Klar, der übliche Plausch wäre mit Sicherheit drin gewesen, aber eine alles verändernde Schicksalsbegegnung wohl eher nicht.
In Auckland wurde mir dann doch leicht wehmütig ums Herz, hieß es jetzt Abschied nehmen von Helena. Sie flog weiter nach Wellington, während ich mich per Rad in den Norden begab. Schon schade. Vorher tauschten wir jedoch noch hektisch unsere Heimatadressen aus, sodass wir nach unserer Rückkehr einen Kontakt wieder aufnehmen konnten.
Irgendwie wusste ich jetzt bereits, was ich auf dem Rückflug vermissen würde.
Bis dahin schrieb ich Helena jedenfalls von meinen unzähligen Reisestationen eine Postkarte. Immerhin konnte sie sich annähernd vorstellen, von welchen überwältigenden Eindrücken ich sprach. Wieder eine Gemeinsamkeit …

 Fortsetzung folgt 
© Kora Kutschbach

Freitag, 10. Mai 2013

[Ich schreibe] "Abenteuer Südhalbkugel" (Teil 1)

Eine kurze Notiz vorausgeschickt: Bei der nun folgenden Kurzgeschichte handelt es sich um ein Fundstück aus meinem wohl gehüteten Nähkästchen kleinerer Episoden kreativer Blitzeinschläge. Nichts Vollkommenes, dafür etwas mit Herz und spontaner Inspiration Gespicktes. 
Gute Lese-Reise euch!

Abenteuer Südhalbkugel

– Helena –

Niemals hätte ich geglaubt, dass mich ausgerechnet meine zugegebenermaßen etwas spezielle Vorliebe für Tomatensaft an genau den einen Richtigen geraten lässt. 
Um ehrlich zu sein, kann ich, was diesen Punkt betrifft, getrost für uns beide sprechen. Auch Ole ist bis heute verblüfft und schwört seither auf die Magie des Tomatensaftes. … Es ist in Ordnung, runzeln Sie ruhig die Stirn, rümpfen Sie die Nase. Jene höflichen, dennoch bestimmten Grimassen sind überaus übliche Reaktionen, aber auf irgendein Geheimrezept, das Würze in unser Leben bringt, schwört schließlich jeder, oder? Nun, unsere Schwäche oder Stärke – je nach entsprechendem Blickwinkel – ist eben der Tomatensaft. Sei es wie es ist.

Okay, zurück auf Anfang. 

Für mich begann das große Abenteuer mit dem Gewinn einer Reise ans andere Ende der Welt: nach Neuseeland. Einen solchen Traumgewinn einzustreichen, ist allein schon ein unglaubliches Ding. Doch damit nicht genug, denn alles sollte noch viel verrückter werden.
Für mich kam damals, zum Jahreswechsel vor sieben Jahren, dieser Abstecher nach Neuseeland gerade recht. Ich arbeitete übermäßig hart, schlief wenig, aß ungesünder als es auf Dauer empfehlenswert gewesen wäre. Dafür war ich erfolgreich und zufrieden mit dem Erreichten. Nichtsdestotrotz war ich ebenfalls unglaublich müde. Das Leben als selbstständige Raumdesignerin zeigte mir eindeutig meine eigenen Grenzen auf. Punkt.
Aus diesem Grunde hatten meine besten Freunde in meinem Namen an diesem Gewinnspiel mit dem verheißungsvollen Titel Abenteuer Südhalbkugel teilgenommen. Vollkommen baff und wie paralysiert war ich dann, als ich tatsächlich eine achtwöchige Reise durch Neuseeland gewann. Wahnsinn, Wahnsinn, Wahnsinn! Von der Überraschung erholt schwebten mir eine Menge traumhafter Gedanken vor. Diese Auszeit kam wie gelegen … und schien ein Wink des Schicksals zu sein. Ich brauchte eine Veränderung. Oder, um es in meinem von der üblichen Berufskrankheit durchzogenen Jargon zu sagen, einen Tapetenwechsel.
Gott, war ich hibbelig, als ich in den großen Flieger in Frankfurt (Main) stieg. Ich nahm meinen Fensterplatz ein, zog meine Stiefel aus und wartete – gespannt wie der sprichwörtliche Flitzebogen – auf den Start.

– Ole –

Den Flieger nach Neuseeland betrat ich mit wahnsinniger Vorfreude auf das unglaublich Ungewisse im Gepäck.
Unmittelbar nach der traurigen Trennung von meiner Freundin fünf Wochen zuvor hatte ich beschlossen, einen unübersehbaren Schlussstrich zwischen meinem alten und meinem neuen Lebensabschnitt zu ziehen. Um diesen zu manifestieren, entschied ich mich für eine Radtour quer durch das Land der Kiwis. Spontan buchte ich mir einen Flug. Fernab von allem Vertrauten und umgeben von paradiesischer Kulisse würde ich ohne weiteres einen klaren Kopf bekommen können.
Als ich mich durch die Sitzreihen kämmte und schließlich meinen Platz erreichte, nickte mir eine junge Frau mit einem strahlenden, durchaus ansteckenden Lächeln freundlich zu. Ich grüßte zurück und stellte mich meiner Sitznachbarin vor. Ehrlich gesagt verspürte ich nicht sonderlich den Drang nach Smalltalk. Anderseits stand uns ein irrsinnig langer Flug bevor und wer weiß, vielleicht würde mich ein nettes Gespräch auf andere Gedanken bringen.
Wer hätte gedacht, dass uns dann ausgerechnet unser beider Vorliebe für Tomatensaft ins Gespräch bringen würde? Unglaublich. Denn Helena versicherte mir, sie liebe Tomatensaft und trinke diesen  nicht nur im Flugzeug hoch über den Wolken wie der Großteil der anderen Passagiere  für ihr Leben gern.
Im Nu waren wir beim Du und vertieften uns in die seltsamsten Gesprächsinhalte. Mein lieber Schwan, Helena hatte aber augenscheinlich auch einen Redebedarf. Allerdings erging es mir plötzlich ähnlich. Wir ergänzten uns einfach ziemlich ideal. Daher wunderte es mich nicht, dass wir uns von unseren Erwartungen an das gemeinsame Reiseziel Neuseeland über Helenas Schwäche für kunterbunt gepunktete Socken und meine total unüberhörbare Unmusikalität bis hin zur Analyse der Steven-King-Romane in jeglichem nur erdenklichen Thema verfingen. Dabei orderten wir einen Tomatensaft nach dem anderen und wurden nach dem achten oder neunten Glas leicht merkwürdig angesehen. Hey, das sollte uns nicht stören.

 Fortsetzung folgt 
© Kora Kutschbach