"Wer bereits als Kind die Welt zwischen den Zeilen für sich entdeckt, geht auch später gern als Abenteurer durchs Leben." {Creativity First}

Donnerstag, 29. Januar 2015

[Buchpost] Marienkäfer von Magellan als Vorboten der Sommertage?

Eine waschechte Überraschung (wie sie im Buche steht) erreichte mich nun gleich zu Beginn des Lesejahres. WOW! Ich bin vollkommen verzückt.

Ein noch immer verblüfftes und gleichermaßen großes Dankeschön möchte ich an dieser Stelle an den Magellan Verlag schicken, der mir nicht nur Marienkäfertage, ein verheißungsvolles Jugendbuch gespickt mit berührenden Gewissensfragen aus der Feder Uticha Marmons hat zukommen lassen, sondern diese kribbel-krabbelnde Postsendung mit einem hübsch verzierten handgeschriebenen Brief versehen hat. Eine niedliche Originalität, die mir mehr als gut gefällt! 

Neugier und Vorfreude aufs Buch sind geweckt, keine Frage!


Dienstag, 27. Januar 2015

[Rezension] On My Own Two Feet (Amy Purdy)

Amy Purdy: On My Own Two Feet — From Losing My Legs to Learning the Dance of Life 

"I had a choice — and I chose to live." 

Mit diesem Bekenntnis begann für Amy Purdy ein zweites Leben. Ein Leben, das im Verlaufe der zurückliegenden Jahre eine Bereicherung für so viele andere Menschen  Freunde und Fremde gleichermaßen  geworden ist.

Dieses Buch gehört zu den wenigen, deren Veröffentlichung ich absolut und ohne Wenn und Aber entgegengefiebert habe. In der Sekunde, in der ich hörte, dass Amy Purdy eine Autobiografie schreiben würde, wusste ich sofort, dieses Werk MUSS ich lesen!

Amys Geschichte berührt allein, wenn man die Berichterstattung in den Medien verfolgt. Doch um einiges intensiver gestaltet sich jene Wahrnehmung beim Eintauchen in ihr Buch. Eine großartiges Vergnügen, das schwer Schlucken, breit Lächeln und von Herzen Gönnen und Wünschen lässt. GROSSGESCHRIEBENE LESEEMPFEHLUNG!


~ Rezension ~

Es ist an uns selbst, das Leben zu etwas Wunderbarem zu machen!

Im Alter von 19 Jahren war Amy Purdy kerngesund und mit sich im Reinen. Als Massagetherapeutin und Snowboarderin hatte sie viele Pläne, die nur darauf warteten, umgesetzt zu werden. Aber dann erkrankte sie von heute auf morgen an einer bakteriellen Meningitis und musste um ihr Leben kämpfen. Mit Einlieferung ins Krankenhaus wurde ihren Eltern mitgeteilt, dass Amy in diesem Zustand womöglich nur noch zwei Stunden blieben. Doch dank ihres unbändigen Willens und einer unerschütterlichen Dankbarkeit dem Leben gegenüber, überstand sie diese Krise, während der sie allerdings ihre beiden Beine, ihre Milz und eine gesunde Nierentätigkeit verlor. Mit ihren beiden Beinprothesen und einer Spenderniere ihres Vaters gelang Amy schließlich das (von den Ärzten) unmöglich Geglaubte: Sie fuhr wieder Snowboard. Inzwischen haben sich neben all den persönlichen Erfolgen, zu denen die Gründung der Non-Profit Organisation Adaptive Action Sports und ein gefragter Job als Motivationsrednerin zählen, auch die größten Triumphe eingestellt, die eine gesamte Nation bewegen: Amy Purdy gewann 2014 Bronze bei den Winter-Paralympics und wurde Zweitplatzierte bei Dancing With The Stars.

In ihrer Autobiografie On My Own Two Feet erzählt Snowboarderin und Philanthropin Amy Purdy (gemeinsam mit Michelle Burford) auf berührende und Mut machende Weise von ihrem Schicksal, mit dem sie nie zu hadern vermochte. Im Gegenteil, als es hart auf hart kam, beflügelte sie die Suche nach der Antwort auf folgende Frage: "If my life were a book, and I were the author, how would I want my story to go?" 

Es ist ein Leichtes, dass einem beim Lesen der Geschichte Amy Purdys die Superlative ausgehen. Wenig verwunderlich. Doch neben all den unbeschreiblichen Meilensteinen, die Amy Purdy in ihrem Leben bereits erfolgreich passiert hat, strahlt vor allem ihre bescheidene Persönlichkeit über allem. Sie hat nie danach gestrebt, zu einer Inspiration für Millionen von Menschen zu werden. Sie lebt einfach nach allen kreativen Regeln der Kunst und möchte damit zeigen, welche Steilhänge im Leben sich auf die eine oder andere Weise meistern lassen.

Jene gleichermaßen erfrischende wie beeindruckende Willensstärke ist schlichtweg ansteckend. In jedem einzelnen Kapitel des Buches schimmern Lebensmut und -freude hindurch. Selbst während der dunkelsten, schmerzhaftesten Stunden verlor Amy nie ihren selbst gesteckten Fokus — der Sinnhaftigkeit ihres Schicksals — aus dem Auge.

Das Buch ist ein Mosaik aus den einzelnen Lebensabschnitten und Träumen der Autorin. Dabei werden die Erinnerungen an ihre Kindheit in Las Vegas ebenso emporgehoben wie ihre Nahtoderfahrung während einer Not-OP und die zehrenden Monate nach ihrer Beinamputation oder auch Amys sehnlichster Wunsch, wieder auf dem Snowboard zu stehen. Gemeinsam mit ihrem Freund Daniel reiste sie später nicht nur um die Welt, sondern engagierte sich unermüdlich dafür, ihren geliebten Wintersport zu einer paralympischen Disziplin zu machen. 

So schmerzlich und erschütternd sich manche Episoden lesen, ebenso lebensbejahend, motivierend und, ja, inspirierend ist der Grundtenor dieses Buchs. Verletzlichkeit und Stärke bedingen einander. Amy verleiht, ganz ihrem Charakter entsprechend, ihrer Geschichte eine quicklebendige Portion (Galgen-) Humor und Aufrichtigkeit. Ein Authentizitätsfaktor, den ich gar nicht deutlich genug unterstreichen kann.

Rückschläge und Enttäuschungen teilt die Autorin gleichermaßen wie ihre innersten Glücksgfühle und Gedanken. Es fühlt sich beinahe an, als würde sie den Leser mit in den Schnee nach Sotschi oder auf die Tanzfläche zu Dancing With The Stars nehmen. 

Amy Purdys Buch ist ein Geschenk, das voller tiefster Hingabe und spürbarer Dankbarkeit, größtem Kämpferherzen und leuchtender Großzügigkeit steckt. Eine Hommage an das Leben und die Wahrnehmung und Ausschöpfung dessen  allen Unwegsamkeiten zum Trotz.

FZIT: Wegweisend. Ermutigend. Lebensbejahend.


Donnerstag, 22. Januar 2015

[Schreibzeugkiste] Ein Stück "Contemporary" zum Kosten

Wie ihr möglicherweise wisst, schreibe ich neben Buchbesprechungen, Reiseberichten und anderen Blogartikeln für mein Leben gern und ausschweifend ebenso fiktive Texte. Und da dies der Fall ist, dachte ich mir: Hey, weshalb diese Passion nicht in den ohnehin buchstabenlastigen Blog einbinden? Klingt plausibel, oder? Falls ihr also Lust habt, könnt ihr hier einen klitzekleinen Auszug aus einem romanähnlichen Werk (?) lesen, an dem ich momentan hinter den Kulissen tüftle.

Allzu viel möchte ich vorerst noch gar nicht verraten. Aber wie im Titel eventuell bereits andeutet, spielt das Tanzen und die Liebe zu dieser Lebenskunst eine nicht unwichtige Rolle im Fortgang der Handlung und damit im Leben von Protagonistin Rose.

Lasst mich ruhig wissen, was ihr meint! (Eintagsfliege? Fortsetzung? ...) Würde mich nämlich schon interessieren. Ganz gleich, wie euer erster Eindruck ausfällt: Danke schön fürs Zeitnehmen und Lesen meiner Zeilen. Das ist, so sehe ich es, bei all der Vielzahl entzückend kreativer Arbeiten, die uns tagtäglich umgeben, keine Selbstverständlichkeit.


~ Contemporary ~ 
© Kora Kutschbach

[...] "Wer brauchte Worte, wenn es all jene fließenden, ausdrucksvollen Bewegungen gab?
Sie hatte seit jeher diese Magie gefühlt, die entstand, wann immer sie Rhythmus, grenzenlose Kreativität und tiefe Emotion miteinander in Einklang bringen konnte. Man konnte es drehen und wenden, wie man wollte. Es war, als würde Rose sämtliche sie zurückhaltende Ketten sprengen und in eine andere Dimension – in ihre Welt – eintauchen. Was auf der Bühne leichtfüßig und verzaubernd aussah, setzte unheimliche Disziplin, Ausdauer und Schmerzunempfindlichkeit voraus.

Doch auch jene schweißtreibenden, für Blessuren und gedehnte Sprunggelenke sorgenden Stunden harten Trainings liebte Rose. Denn für sie vervollständigten erst diese atemlos machenden Einheiten das Mosaik. Sie konnte gar nicht genug davon bekommen, in die Feinheiten und Verrücktheiten des Möglichen einzutauchen. Wobei besonders das Kratzen am auf den ersten Blick Unmöglichen noch viel großartiger war. Dieses Außer-Rand-und-Band-Sein war purer Genuss. Nichts und niemand engte sie ein. Für ein paar Stunden gab es keine Barrieren, keine Limits, keine Bedenken. Jede Herausforderung war eine Köstlichkeit, und Rose griff ausgiebig zu – Nachschlag inklusive. 

Dann kam alles anders. Von jetzt auf gleich änderte sich das Leben brutal. Um sich selbst nicht zu verlieren, tat Rose das, was sie damals für das einzig Richtige hielt: Sie verschloss all die wundervollen Erinnerungen und Gefühle in einem Vakuum und sperrte sie weg. Ebenso wie ihre Tanzschuhe. So weh es tat."  [...] 


Dienstag, 20. Januar 2015

[Neu im Regal] Nicht einfach ein Buch, sondern ein MUSS!

On My Own Two Feet von Amy Purdy ist, ich kann und möchte es gar nicht anders sagen, ein Buch, auf das ich seit Monaten über alle Maßen entgegengefiebert habe. Es ist sozusagen DAS BUCHDenn seit ich im vergangenen Jahr damit begonnen habe, die gleichermaßen unglaubliche wie phänomenal inspirierende Geschichte Amys zu verfolgen, bin ich großer Fan ihrer strahlenden und ebenso bescheidenen Persönlichkeit.

Amy Purdy, die weltweit einzige Snowboarderin mit zwei Beinprothesen, ist vielen Menschen seit den Paralympics 2014, bei denen sie Bronze gewann, ein Begriff. Doch spätestens seit sie drei Tage nach dem Triumph in Sotschi die ersten Schritte auf dem Tanzparkett der US-amerikanischen Fernsehsendung Dancing With The Stars wagte und sich bis ins Finale tanzte, gilt sie als eines der Vorbilder einer ganzen Nation. 
Vor 16 Jahren erkrankte Amy Purdy plötzlich an einer bakteriellen Meningitis. Binnen 24 Stunden sank ihre Überlebenschance auf weniger als 2%. Doch sie kämpfte sich dank einer beeindruckend positiven Lebenseinstellung und schierem Willen zurück und wuchs dabei über sich hinaus.

Wie sehr ich mich über die Tatsache, dass es dieses Buch in mein Bücherregal geschafft hat, freue, kann ich gar nicht richtig in die passenden Worte fassen. 

Das Leseerlebnis kann kommen! So viel vorab: Ich hab ein ziemlich gutes Gefühl!!!


Amy Purdys dritter Lauf bei den Paralympics 2014



Amy Purdy & Derek Hough bei Dancing With The Stars: Freestyle




Donnerstag, 15. Januar 2015

[Kiwiana] Klassiker, der Kiwiküche: Bon appétit!

Natürlich ist die kulinarische Facette des Kiwilands ebenfalls eine kleine Berichterstattung wert. Diese macht dann bestenfalls gleich in doppelter Hinsicht Appetit auf eine Reise nach und durch NZ. Klarer Fall.

Was zeichnet die neuseeländische Esskultur aus Sicht eines westeuropäisch geprägten Gaumens denn nun so aus?

Heute lenken wir den Blick erst einmal auf ein paar grundlegende Traditionen, Zutaten und Kompositionen der neuseeländischen Schmankerl, okay? [Dem Bonus, der süßen Seite des Lebens/Essens, widme ich später noch einen ganz eigenen Beitrag. Das muss sein!]

Es lässt sich nicht bestreiten, dass die Kiwis echte Fans von Fastfood sind. Die Dichte der hiesigen Restaurants diversester Fastfood-Ketten ist beträchtlich. Beinahe einschüchternd groß. Ebenso ist eine Vorliebe für den Pizzaservice sowie für indische Restaurants nicht vom Tellerrand zu schieben. Selbstverständlich stehen nicht weniger die klassischen Fish'n'Chips oder eine deftige Meat Pie hoch im Kurs. Auch, gerade durch die Nähe zu Süß- und Salzwassergefilden begünstigt, landet Fisch nicht selten auf dem Speiseplan und dann bevorzugt auf dem Grill, sprich dem Barbcue.

Apropos Barbecue, die Neuseeländer lieben das Grillen. Zu jeder Jahreszeit, an nahezu jedem nur denkbaren Plätzchen  ob im heimischen Garten, im Schwimmbad oder im Stadtpark. Grillen scheint manchmal zu so etwas wie einem Volkssport zu avancieren. Nicht weniger beliebt sind Picknicks. Wann immer es sich anbietet, wird ein Picknickkorb gepackt und losgestiefelt. Fand ich persönlich richtig, richtig angenehm und familiär. Hach ja, die Kiwis sind ein wahrlich geselliges (Wein trinkendes) Völkchen. Cheers!

Ein weiteres Grundnahrungsmittel, auf das wir Deutschen nichts kommen lassen und worauf wir schwerlich verzichten können  (also, ich schon, alle anderen nicht), müsste sein ganz eigenes Kapitel bekommen: das Brot.
Denn wie im Ausland nicht unüblich, herrscht auch in NZ Misch-, Vollkorn- und sowieso Schwarzbrotmangel. Ich habe, um ehrlich zu sein, unseren deutschen Brotstandard so gar nicht vermisst. Allerdings kann ich gut nachvollziehen, weshalb viele deutsche Reisenden oder gar Auswanderer dies tun und daraufhin selbst zum Bäcker werden. Toastbrot ziert in jeglichem nur ansatzweise denkbaren Weichheits- und Weißegrad reihenweise und bis unter die Decke gestapelt ganze Gänge in den Supermärkten. Schließlich gibt's zum Lunch für gewöhnlich gut belegte Sandwichs und der Bedarf ist dementsprechend groß. Nur eben herbes oder gar krustiges Brot sucht man zu weiten Teilen eher vergebens. Sei es drum.

Um noch einmal auf die Sandwiches zurückzukommen: Der beliebteste Aufstrich überhaupt ist Marmite. Es wird seit Generationen von Groß und Klein schlichtweg geliebt und somit unmissverständlich in den Ritterstand der in der Küche zu findenden Zutaten erhoben. Und das wohl unmöglich nur aufgrund der vielen B-Vitamine, ist zu vermuten. 
Nun, geschätzte 99% aller Nicht-Neuseeländer werden sich fragen, was die Kiwis an dieser zähen schwarzen, würzigen Masse, die auf einem Hefeextrakt basiert, um Himmels willen nur finden können. Denn, ich gebe zu, für unsere Gaumen ist Marmite recht bis ziemlich gewöhnungsbedürftig. Doch ich mag's. Vor allem eben auf Toastbrot. Denn diesbezüglich bin ich mittlerweile ziemlich "kiwi": Marmite auf Toast schmeckt (mir) um Längen besser als Marmite auf Vollkornbrot.
Als Tipp sei eventuell noch hinzugefügt: Marmite (beim Erstkontakt) keinesfalls, niemals (!) genussvoll mit dem Löffel aus dem Glas spachteln und in den Mund schieben, wie man es möglicherweise von anderen süßen, schokobraunen Brotaufstrichen gewohnt ist. Das könnte ein langes bis ewiges Trauma nach sich ziehen.

Und weil ich gerade vom Toast gesprochen habe: Andere, auf den ersten Blick für uns nicht alltägliche Kombinationen sind im Übrigen "baked beans on toast" (gebackene, in Soße eingelegte Bohnen auf Toast) und "spaghetti on toast" (Spaghetti in Tomatensoße auf Toast). Ja, genau, richtig gelesen. Hört sich ein wenig nach Bud Spencer und Terence Hill an, aber hat so seine Daseinsberechtigung. Ich weiß nicht, inwieweit diese Kreationen Anklang unter den Gourmets finden, aber auch hierfür konnte ich persönlich mich erwärmen. Außerdem ist's das perfekte Babysitting-Essen, denn die Kleinen begeistert's nicht weniger.

Wie sich unschwer bemerken lässt, könnte ich Romane allein über die neuseeländische Ess- und Genusskultur, die mir durchaus ans Herz gewachsen ist, schreiben. Und dementsprechend wird dies, wenn ihr mögt, auch nur der erste Post zu dieser Rubrik gewesen sein ... Doch jetzt heißt's: Pause. Eine Stärkung muss her!


Dienstag, 13. Januar 2015

[Rezension] In den Augen der anderen (Jodi Picoult)

Jodi Picoult: In der Augen der anderen 

Autismus. Eine Diagnose, die alles verändert. Ein Schicksal, das viele Familien teilen. Dennoch ist eine gesellschaftliche Akzeptanz, ein gemeinschaftliches Miteinander vielerorts noch keine Selbstverständlichkeit. Ein Aspekt, an dem Jodi Picoult ansetzt. Doch, wie so häufig, geht die Autorin darüber hinaus.
Wieder einmal rüttelt sie fulminant an den Grundfesten unserer Lebenseinstellung. Nicht ohne Grund und mit beständiger Vehemenz.


~ Rezension ~

Der schmale Grat zwischen Anderssein und Tätersein

Emma und ihre beiden Söhne Jacob und Theo führen ein Leben, das ihnen über die Jahre hinweg vor allem eines eingebracht hat: Blicke, die von Mitleid bis Entsetzen reichen. Denn Jacob leidet am Asperger-Syndrom, das eine Art des Autismus’ ist. Er ist hochintelligent, besessen von forensischem Wissen und hat einen Humor, der trockener nicht sein könnte. Doch ebenso reagiert er auf emotionale Signale überhaupt nicht und auf die kleinsten Veränderungen in seinem Umfeld hingegen hypersensitiv. Dies macht ihn für Außenstehende zu einer tickenden Zeitbombe. Als eines Tages Jacobs Erzieherin Jess, eine der wenigen Bezugspersonen des Teenagers, ermordet aufgefunden wird, gerät die Welt aus den Fugen. Für Jacob. Für Emma. Für Theo. Denn die Anklage gegen Jacob scheint ein fataler Irrtum. Doch Beweise lügen nicht. Jacob allerdings ebenso wenig. Denn stets die absolute Wahrheit sagen zu müssen, ist Teil seines Krankheitsbilds. Ein Kampf David gegen Goliath beginnt.

Mit In den Augen der anderen setzt Jodi Picoult ein ausdrucksvolles Ausrufezeichen hinter die wichtigen, uns alle betreffenden Thematiken „Integration und Inklusion“. Anhand eines fiktiv kreierten Schicksals betont sie beispielhaft, dass es auch und vor allem in der Realität keinen reinen Schwarz- oder Weißton gibt.

Filigran, behutsam und nichtsdestotrotz schmerzhaft ehrlich portraitiert Jodi Picoult die Figuren ihres Romans: Die liebende Mutter, die vor den Scherben ihres Lebens steht und dennoch kämpft wie eine Löwin. Der an Autismus leidende Junge, der die Welt nicht so wahrnimmt wie die Menschen um ihn herum. Der jüngere Bruder, den Pflichterfüllung und Erwartungsdruck zermürben.

Fundierteste Recherchen und eine empathischen Art schicksalshafte Dramen auszugestalten, die den Atem anhalten lassen, führen dazu, dass die Autorin mit diesem Buch ins Mark trifft. Sie schaut hin, wo andere wegsehen – in vielerlei Hinsicht. Sie taucht die Hintergründe eines Krankheitsbilds, von dem viele Familien betroffen sind, in die größtmögliche Bandbreite an Schattierungen. Dadurch wird beinahe investigativ ein Gesamtbild geschaffen, das berührt.

Jodi Picoult fokussiert die Tatsache, dass nicht nur der Asperger-Patient selbst Betroffener ist, sondern dessen gesamte Familie. Diesen Radius zu ziehen, finde ich ausgesprochen wichtig. Denn während sich der Betroffene mit seiner Krankheit arrangiert haben mag, ist es sein unmittelbares Umfeld, das das entgegengebrachte Unverständnis emotional verarbeiten muss.

Als wäre die Thematik des Asperger-Sydroms allein nicht schwere Kost genug, ergänzt die Autorin diese um den Fall einer Mordanklage. Ein Gerichtsprozess, dessen Für und Wider allen Beteiligten in den Knochen steckt und den Leser auffordert, das eigene Verständnis hinsichtlich Recht und Unrecht zu beleuchten.

In der Summe ein Roman, der mit brachialer Schwere Einzug in die Bücherregale der Leser hält. Manchmal genügt ein kleiner Perspektivwechsel und schon verstehen wir einander besser. Eine Botschaft, der Jodi Picoult Nachdruck verleiht.

F★ZIT: Ganzheitlich. Präzise. Eindringlich.


Donnerstag, 8. Januar 2015

[Kreativplausch] Schneeweißchen & Rosenrot schreiben jetzt selbst

Zu sehen und zu erleben, wie es Indie-Autoren gelingt, mit ihren Werken zu begeistern, ist für mich stets eine besondere Freude. Denn sie sind sozusagen der lebende Beweis dafür, dass pfiffige Ideen und/oder feinste Wortakrobatik und/oder liebgewonnene Publikumsnähe nicht einzig von einem den Rücken stärkenden Verlag abhängen.

Dieses Mal habe ich Rose Snow zu einem Kreativplausch ins Boot holen können. Gemeinsam schipperten wir also ein wenig über den Teich der blühenden Fantasie. Doch bevor ich euch unseren Dialog wiedergeben möchte, erst noch ein paar Worte zur Autorin. 

Rose Snow ist das Alter Ego der aus Österreich stammenden Freundinnen Carmen und Ulli, die ihre Passion fürs Schreiben seit jeher miteinander teilen. Schon während der gemeinsamen Schulzeit schlummerte die bunte Vorstellung, die Schriftstellerei für sich zu erobern, in den beiden.

Nun hat sich ein lang gehegter Traum für die zwei wahrhaftig erfüllt: Als Indie-Autorin(nen) veröffentlichten sie im vergangenen Sommer ihren Debütroman, Was sich liebt, das rächt sich nicht, dessen Fortsetzung, Racheengel küsst man nicht, bereits Ende 2014 auf dem Fuß folgte. Und das soll erst der Anfang gewesen sein. Chapeau!


Cover: © Rose Snow

Rose Snows Werke sind ihres Zeichens Liebesromane, die Kuriosität, etwaige emotionale Schräglagen und schillernde Charaktere miteinander in Einklang bringen. Hört sich nach einem spannenden Unterfangen, oder? Und überhaupt: Wie sieht das kreative Schaffen Rose Snows hinter den Kulissen aus? Hmmm, da muss ich doch gleich einmal etwas genauer nachhaken ...

Viel Spaß beim Eintauchen in die ulkigste und sympathischste Rachehölle, die das Bücherregal momentan zu bieten hat! 




~ Kreativplausch ~


Hallo liebe Rose Snow,

herzlich willkommen zum heutigen Kreativplausch sage ich! Ebenso wie ein Danke für die sofortige Zusage, mit von der Partie zu sein. Große Freude meinerseits. Das sei festgehalten.

Liebe Kora, wir sagen danke und freuen uns riesig, hier zu sein. 




Rose Snow ist ein durchaus märchenhaft klingendes Pseudonym, das den Einfallsreichtum gleich zweier sich seit der Kindheit kennender Autorinnen miteinander verknüpft. Mich erinnerte der Name von Beginn an ein wenig an die Mischung aus Schneewittchen und Schneeweißchen und Rosenrot. Ist diese (naheliegende) Assoziation zur Welt der Gebrüder Grimm bei der Namenswahl tatsächlich beabsichtigt gewesen oder hattet ihr jene Anlehnung eher überhaupt nicht im Sinn?

Oh doch, die Anlehnung ist durchaus beabsichtigt!  Allerdings würden wir uns mit fremden Federn schmücken, wenn wir behaupteten, die Idee stamme von uns. Die Wahrheit ist, dass uns zwei Teilnehmerinnen eines Autoren-Workshops unabhängig voneinander als „Schneeweißchen und Rosenrot“ betitelt haben – was sicherlich dem Umstand geschuldet war, dass Ulli an dem Tag eine weiße Bluse und Carmen ein rotes Oberteil trug. Das passte wie die Faust aufs Auge und wir fanden die Bezeichnung so sympathisch und treffend, dass daraus wenig später unser Pseudonym entstand.




Apropos Märchen, für welche zwei Märchenfiguren, schließlich seid ihr zu zweit, schlägt Rose Snows Herz besonders – ganz gleich ob dem Volksmärchen oder Disney entspringend?

Als hoffnungslose Romantikerinnen lieben wir beide Cinderella und freuen uns schon wie die kleinen Kinder auf die diesjährige Neuverfilmung von Disney. Passend zum „Schnee“ in unserem Namen haben wir aber auch Eiskönigin Elsa und ihre Schwester Anna in unser Herz geschlossen ... nicht nur weil Elsa ein paar wirklich coole Zaubertricks auf Lager hat, sondern weil sie beide liebenswerte und starke junge Frauen sind – so wie wir uns selbst auch gerne sehen würden. 




Wer die Rose-Snow-Romane kennt, weiß, dass sie sich wie aus einem Guss modelliert lesen. Wie gelingt jene Nahtlosigkeit, obwohl die Geschichte nicht einmal kapitelweise aus der Perspektive verschiedener Charaktere erzählt wird? (Was die Arbeitsaufteilung vermutlich erleichtern würde.) Wie dürfen wir uns das gemeinsame Feilen an einem Buch vorstellen?

Erstmal freut es uns sehr, dass wir die angesprochene Nahtlosigkeit anscheinend gut hinbekommen. Das liegt sicherlich an unserer inneren Einstellung: In den Jahren unserer Zusammenarbeit haben wir gelernt, unsere ... nennen wir es mal „Eitelkeiten“ gegenüber einem von uns geschriebenen Text komplett über Bord zu werfen. In unseren Köpfen gibt es nicht mehr „deinen Teil“ und „meinen Teil“ – alles was wir schreiben wird zu „unserer Geschichte“.
Viele Schriftsteller empfinden es ja so, dass die meiste Arbeit am Schreiben in die Überarbeitung fließt. Und dem können wir durchaus zustimmen.  Am Anfang wird gemeinsam geplottet, das macht Spaß, hier werden Ideen geboren und verworfen, Charaktere ersonnen und viele, viele Wendungen in den Handlungsbogen eingebaut. Sobald der Plot steht, gehen wir tiefer in die Szenen, erstellen eine Szenenliste, umreißen grob, was darin vorkommen soll – und dann geht es schon los. Jeder schreibt die Szenen, zu denen er sich am meisten hingezogen fühlt – und hierbei haben wir echt Glück. Wir sind uns schon wegen so mancher Dinge in die Haare gekommen, aber wir haben uns noch nie um eine Szene gestritten.  In der Überarbeitungsphase wird dann alles endgültig miteinander „vermanscht“ wie man in Österreich so schön sagt. Spätestens dann können wir selbst kaum noch sagen, welcher Satz vom wem stammt. Was zu dem schönen Ergebnis führt, dass wir ganz am Ende beide die Mami vom selben Kind sind. 




Nachdem Was sich liebt, das rächt sich nicht im Sommer 2014 mit viel Wohlwollen von den Lesern aufgenommen wurde, erschien – ebenfalls im Selbstverlag – nur wenige Monate später Racheengel küsst man nicht. Wer die Protagonisten für diesen zweiten Roman werden würden, entschieden die Leser. Mit wie viel Spannung, Erwartung und Vorahnung habt ihr dem Voting entgegengesehen? Immerhin hat Rose Snow an dieser nicht unbedeutenden Stelle, das Zepter aus der Hand gegeben.

Es war irre spannend. Natürlich war dieser Schritt gründlich überlegt, und wir hätten es nicht gemacht, wenn wir uns nicht sicher gewesen wären, dass wir mit JEDEM Ergebnis leben (und arbeiten) können. Die Geschichte von Maya und Holger bot noch so viel Potential, ebenso wie das weitere Leben jedes unserer Nebendarsteller. Allerdings hatten wir die kleine Hoffnung, mit Gérard und Rachel weitermachen zu dürfen. Und aus irgendeinem verrückten Grund ging es der Mehrheit unserer Leser offenbar ähnlich. 
Im dritten Band der Reihe wollen wir nun genau da weiterschreiben, wo wir in Band 2 aufgehört haben - zusätzlich aber auch die Charaktere von Band 1 wieder ins Boot holen. Schon allein darüber nachzudenken erfüllt uns mit einer prickelnden Vorfreude. 




Weil wir schon einmal beim Thema sind: Wie viel bedeutet euch der direkte Austausch mit und Kontakt zu euren Lesern? Gibt es vielleicht sogar so etwas wie einen Rose-Snow-und-ihre-Leser-Moment, der auf ewig ins Autoren-Poesiealbum gehört?

Ja, den gibt es. Oder besser gesagt: Ja, DIE gibt es. Oft merken die Leser ja gar nicht, dass sie uns so einen besonderen Moment geschenkt haben, weil sie nicht sehen können, wie wir mit glänzenden Augen und einem dümmlichen Dauergrinsen vor dem Laptop sitzen. Eine Leserin hat sich mal so unbändig über ihre Teilnahme an unserer Leserunde gefreut, dass wir ihre E-Mail gleich mehrmals hintereinander lesen mussten. Eine andere Leserin (sie ist ein Fan der allerersten Stunde und kannte schon unseren Racheplan-Blog als wir noch nicht mal Rose Snow hießen) nahm gemeinsam mit ihrer Freundin eine 6-stündige Busfahrt quer durch Deutschland auf sich, nur um uns auf der Frankfurter Buchmesse zu treffen. Das sind Momente, die einfach unbezahlbar sind. Und die wir uns nie hätten träumen lassen.




Das polarisierende Motto, unter dem eure (momentan erschienen) Werke stehen, lautet Rache trifft Liebe. Dies im Hinterkopf habend, was ist die skurrilste Racheengel-Mission, auf die ihr (während der Recherche zu den Büchern) bisher gestoßen seid?

Da fallen uns spontan gleich drei Missionen ein. Die skurrilste davon ist so verrückt, dass sie uns keiner glauben will, wenn wir sie erzählen. Dabei spielt einen Packung Pralinen eine tragende Rolle. Die rachsüchtige Person verkochte die gekaufte Schokolade mit allerlei Widerwärtigkeiten (wie bspw. faulen Eiern, ranzigem Fisch, Schamhaaren und Zehennägeln – um nur einige zu nennen), füllte die Kreation des Grauens in Pralinenförmchen, arrangierte die abgekühlten Pralinen wieder hübsch in der Verpackung, ließ das ganze neu verschweißen und schickte es an die verhasste Person. Wir bezweifeln, dass irgendjemand so eine Behandlung verdient hat, aber Rachel wäre von der kriminellen Kreativität definitiv beeindruckt.




Herzensangelegenheiten, wenn auch nicht in reinstem Rosarot, sind ganz euer Metier. Wenn nun die Möglichkeit bestünde, Racheengel küsst man nicht mit einem Titellied zu versehen, welches würdet ihr aus welchem Grund wählen?

Hach, wir wissen genau, was Gérard sagen würde, wenn wir ihn das nun fragen würden: Eindeutig Elvis Presley – „Devil in Disguise“. Rachel sieht aus wie ein Engel, bewegt sich wie ein Engel, spricht wie ein Engel – aber wer sie näher kennenlernt, weiß: Sie kann ganz schön teuflisch sein 




Wenn ihr selbst die Chance hättet, in die Rolle eines Buch- oder Filmcharakters zu schlüpfen, welche Figur wäre das?

Puh, das ist eine ganz schön knifflige Frage. Die meisten Charaktere aus Buch und Film haben ja ein ziemlich aufreibendes Leben, das meist von großem Herzschmerz, wendungsreicher Dramatik oder lebensbedrohender Gefahr begleitet wird. Da gefällt uns unser „langweiliges“ Autorenleben bisher eigentlich ganz gut.  Zeitreisen in die eigene Vergangenheit wären allerdings sicher cool (wie aus dem Film: „Alles eine Frage der Zeit“), und sei es nur, um endlich mal so schlagfertig zu sein, wie unsere eigenen Charaktere. *g* Und was uns auch richtig gut gefallen würde: die Macht über unsere eigenen Träume zu haben (wie Liv aus „Silber“ von Kerstin Gier).




Was macht das Schreiben für euch so spannend? Was brachte euch letztlich dazu, nicht mehr nur für euch selbst, sondern als Rose Snow für ein breites öffentliches Publikum Ideen in Romane zu verwandeln?

Wenn wir so nachdenken, haben wir das letzte Mal während des Chemieunterrichts in der Schule „nur für uns“ geschrieben, um der Langeweile zu entgehen. Seit wir erwachsen sind und uns gegenseitig mit der Idee ein Buch zu schreiben infiziert haben, treibt uns der Wunsch an, gelesen zu werden. Einer unserer schönsten Tagträume sieht so aus: Wir sitzen im Park oder im Bus und neben uns liest jemand eines UNSERER Bücher, versunken in einer Welt, die wir erschaffen haben. Andere Menschen mit unseren Gedanken zu erreichen, sie zum Lachen oder zum Weinen zu bringen, dass ist es, was wir wollen und was uns glücklich macht.




Ihr stammt beide aus Österreich. Wohin und mit welchem originellen Rahmenprogramm versehen würdet ihr am liebsten einmal zu einer Lesung in eure Heimat einladen?

Unseren ersten schriftstellerischen Erfolg durften wir 2010 in München feiern: Damals wurde unsere Kurzgeschichte „Frauenfußball“ (übrigens die Grundlage für unseren ersten Roman) bei der Münchner Menülesung prämiert und von dem Sprecher und Schauspieler Johannes Steck gelesen. Untermalt wurde das ganze mit lateinamerikanischer Musik von der Band „Cesar’s Salad“ - und war insgesamt eine ziemlich coole Angelegenheit. Unsere Traumlesung sollte ebenfalls all das beinhalten, was wir an dem Abend so toll fanden: Gutes Essen, tolle Musik, ein Johannes Steck als Gérard gemeinsam mit uns auf der Bühne. Wenn dann noch Kerstin Gier als Überraschungsgast dazukäme, wäre es perfekt – und dürfte von uns aus gerne an jedem Ort der Welt stattfinden.




Stellt euch vor, ihr bekämt die Aufgabe, eine Zeitkapsel zu füllen. Welche drei Dinge dürften keinesfalls fehlen, weil ihr euch wünscht, dass sie auch, nachdem Jahrzehnte verstrichen sind, noch immer mehr als eine bloße Erinnerung sind?

Hmmm ... also ganz sicher einpacken würden wir einen USB-Stick mit ganz vielen Fotos und Videos unserer Familien. Und natürlich unser allerallererstes Manuskript (ein noch unveröffentlichter Fantasyroman, in dem sehr viel Herzblut von uns beiden drinsteckt), das uns immer daran erinnern wird, woher wir kommen und wie alles begonnen hat. Als dritten und letzten Teil vielleicht noch einen Brief an uns selbst, in dem wir festhalten, wie wir uns heute fühlen, wofür wir dankbar sind und welche Ziele wir im Leben noch erreichen wollen. Da gibt es noch so viele Träume ... es wäre sicher spannend zu sehen, welche davon in Erfüllung gegangen sind, wohin sie uns geführt haben und welche wir noch als wichtig erachten nach all der langen Zeit.




Danke schön für das Lüften des einen oder anderen Rose-Snow-Geheimnisses! Es war mir ein Vergnügen. Für all eure kommenden Projekte wünsche ich euch eine große Portion Schaffenskraft und Freude!

Wir wünschen Dir dasselbe, liebe Kora und danken Dir herzlich für die tollen Fragen!





Ich hoffe, euch hat diese kleine Stippvisite in Rose Snows Kreativeschmiede ebenso viel Spaß gemacht wie mir. Die Liebe zum Wort verbindet. Ich glaube, das wurde einmal mehr deutlich. Was meint ihr?


Dienstag, 6. Januar 2015

[Rezension] Mit Verzögerung ins Glück (Sarah Saxx)

Sarah Saxx: Mit Verzögerung ins Glück 

Als eigenständige Fortsetzung ihres Debüts lädt auch der zweite Roman von Sarah Saxx dazu ein, sich auf die Gratwanderung zwischen Liebe und Leid zu begeben. Bereits dem Leserpublikum bekannte Charaktere werden auf neue Pfade geschickt, die alles andere als geradlinig sind. Doch sollte das Glück nicht immer das Risiko wert sein? Diese Frage macht die Autorin zur Basis ihrer mit flirrendem Herzklopfen und bitterer Ernüchterung versehenen Erzählung.

Ein herzliches Dankeschön geht an Sarah Saxx für die Großzügigkeit des eBook-Rezensionsexemplars!

Cover: Sarah Saxx


~ Rezension ~

Der Kopf sagt das eine, das Herz etwas anderes.

Isa hat ihren eigenen Lebenswandel satt. Plötzlich fühlt sich das eigene Tun und Handeln nur noch oberflächlich, armselig und fremd an. Partys bis zum Abwinken und Bettgeschichten ohne Bedeutung sollen der Vergangenheit angehören. Schließlich sehnt sich Isa im Eigentlichen nach mehr. Aber bei wem findet sie Geborgenheit, Vertrauen und Liebe? Um Abstand zu gewinnen und einen klaren Kopf zu bekommen, nimmt sich Isa kurz entschlossen eine Auszeit von ihren täglichen Verpflichtungen. Wellnessurlaub ist angesagt. Doch kaum ist sie dabei, sich einfach einmal fallen zu lassen, bringt ihr Zimmernachbar Sebastian sie schon auf die Palme ... und ihr Herz aus dem Takt.

Mit Verzögerung ins Glück ist Sarah Saxx' zweiter Roman, in dem die Suche nach der fortwährenden Liebe zu einem Parcours wird, der Herzen zum Stolpern bringen kann.

Protagonistin Isa hat sehr klare Vorstellungen von ihrem Leben. Oder zumindest glaubte sie dies. Denn ein sie seit Langem zermürbender Unmut zwingt sie zum Überdenken ihrer Prioritäten. Ein bedeutungsvoller Prozess, den die Autorin gleichsam impulsiv wie sehnsüchtig ausgestaltet. Die emotionale Hin- und Hergerissenheit Isas stellt das Fundament des Romans, erschüttert sich regelmäßig aber auch durch Überspitzung selbst. Denn irgendwie ist es Teil von Isas Persönlichkeit, sich in Situationen zu verrennen und dem eigenen Glück damit selbst ein Bein zu stellen. So macht es jedenfalls den Anschein.

Das Suchen, Finden und Festhalten der überlebensgroßen Liebe bettet Sarah Saxx in eine wendige Handlung ein, die dennoch insbesondere durch Momente des (selbst gemachten) Kummers geprägt wird. Damit zeichnet die Autorin einen eher steinigen Weg des Glücklichseins, bleibt allerdings ihrem typischen Grundtenor des Geschichtenerzählens auf angenehme Weise treu.

Eine dynamische Entwicklung des Handlungsverlaufs und eine Stilistik, die von einer durchaus lässigen Tonalität geprägt ist, untermauern den behände unterhaltenden Charakter des Romans. Wenngleich sich gewisse Wendungen und Schlussfolgerungen vermuten lassen, erhalten gelegentlich eingestreute vage Andeutungen und kleine Geheimnisse einen adäquaten Spannungsbogen.

Abermals stellt Sarah Saxx unter Beweis, dass Leidenschaft nicht selten Leiden schafft. Damit widmet sich die Autorin einem weiten Feld, in welchem sich ihre Leser an der einen oder anderen Stelle möglicherweise selbst wiederfinden können. 

Ein Roman, in dem Stereotype und klassische Missverständnis-Szenarien Teil einer Herzensangelegenheit werden, die es in sich hat.

FZIT: Klassisch. Wogend. Suchend.