"Wer bereits als Kind die Welt zwischen den Zeilen für sich entdeckt, geht auch später gern als Abenteurer durchs Leben." {Creativity First}

Montag, 6. Mai 2013

[Rezension] Ich blogg dich weg! (Agnes Hammer)

Agnes Hammer: Ich blogg dich weg! 

Hierbei handelt es sich um ein Buch, das klar Stellung bezieht. Stellung zu einer Problematik, die unsere Gesellschaft betrifft und ohne Zweifel aufgrund akuter Aktualität nach Aufklärung, Prävention und Handlungsbedarf ruft.
Die Autorin widmet sich der ungeschminkten Erschütterung, die Mobbing, ob on- oder offline, mit sich bringt. Dabei urteilt sie nicht einseitig, sondern analysiert mit Fingerspitzengefühl.
Eine Geschichte, deren Fiktion oftmals und vielerorts der Realität zu nahe kommt. Zeit, Courage zu zeigen, denn das ist wirklich cool! Höchste Zeit, genau das den Kindern und Jugendlichen zu vermitteln!


~ Rezension ~

Wenn aus einem vermeintlichen Scherz bitterer Ernst wird ...

Mit ihrer Ausstrahlung und ihrem musikalischen Talent hat es Julie bisher weit gebracht. Sie singt in einer eigenen Band, die sich regionaler Beliebtheit erfreut. Als Julies Bruder Noah die Band für ein Austauschjahr verlässt, beginnt die Suche nach einem neuen Schlagzeuger. Zeitgleich beginnt auch die Hölle über Julie hereinzubrechen. Schlagartig erhält sie anonyme Drohungen per E-Mail, die nach und nach eine virtuelle Welle des Zorns lostreten. Jene Hetzkampagne schlägt bald gar in reale Gewalt um und raubt Julie brutal jegliche Unbeschwertheit.

Dem wichtigen und bedauerlicherweise stets mehr in den Fokus rückenden Thema „(Cyber-) Mobbing“ verleiht Agnes Hammer mit Ich blogg dich weg! eine deutlich Stellung beziehende Stimme, die Zeichen setzt.

Das Grundgerüst der Geschichte ist rasch erzählt: Beliebtes Mädchen wird Opfer gemeiner Verleumdungen auf diversen Online-Plattformen und wie ein Lauffeuer schlägt die anonymisierte Gewalt in reale Ausgrenzung und tätliche Übergriffe um. Doch die Feinheit des Buches steckt in den vielschichtig betrachteten Perspektiven, welche die Autorin präsentiert.
Die Erzählungen werden aus Sicht sämtlicher Beteiligter – Opfer, beistehende Familie und Freunde, Täter, Mitläufer, Zivilcourage zeigende Beobachter – wiedergegeben. Dadurch entwickelt sich ein Strudel aus Verstrickungen, der das entstehende Herzklopfen, die wachsende Wehrlosigkeit und die Überhand nehmende Woge der Gewalt vom Abstrakten ins Greifbare wandelt. Ein Effekt, der mich als Leser im Hier und Jetzt abholte.

Die exemplarische Darbietung an Gefühlen, welche die Lawine des Mobbings mit sich bringt, ist ein weiterer Faktor, den ich als sehr gelungen dargeboten empfand. Scham, Machtlosigkeit und Auslieferung, Mut, Geborgenheit und Offenbarung, Eifersucht, Missgunst und Hass – mit all jenen Komponenten staffiert Agnes Hammer ihre individuell gestalteten Charaktere aus.

Dass all unsere Entscheidungen und Handlungen Verantwortung bedürfen und Konsequenzen nach sich ziehen, wird ebenso betont wie die dringliche Aufforderung, sich nicht allein einer sich zusammenraufenden Übermacht stellen zu wollen. Was jedoch im offen gestalteten Ende nicht gesondert betrachtet wird, sind die späteren Folgen, denen sich Opfer und Täter zu stellen haben.

Sprachlich orientiert sich das Buch offenkundig am lockeren und umgangssprachlichen Gebrauch der heutigen Generation an Teenagern, wodurch Glaubwürdigkeit transportiert wird. Einzig der mitschwingenden Respektlosigkeit gegenüber den Lehrern, die ich heraushörte, stehe ich zwiegespalten gegenüber. Diese passt zwar zum Grundton der Geschichte, entspricht allerdings nicht meinem persönlichen Verständnis vom Umgangston mit Respektpersonen.

Ein Werk, das definitiv als Pflichtlektüre Einzug in die Lehrpläne unserer Schulen halten sollte! Denn die inhaltliche Botschaft ist zu bedeutsam, um nicht gelesen und ausgiebig reflektiert zu werden. Dass die dringende Notwendigkeit besteht, sich mit der Problematik „Ausgrenzung und Mobbing“ auseinanderzusetzen, steht außer Frage und wird uns in trauriger Regelmäßigkeit vor Augen geführt.

F★ZITStark. Exemplarisch. Treffend.