Tommy Krappweis: Das Vorzelt zur Hölle
Nachdem ich ein Interview mit Tommy Krappweis gesehen hatte, in dem er von seinem Buch berichtet hat, kam mir die glasklare Erleuchtung: Das würde ich lesen müssen!
Der Humor dieser in buntes Zelttuch gepackten Zeitkapsel – das ist die Assoziation, welche ich mit dem Buch sofort verbinde – entspricht genau meinem Geschmack. Nicht weniger tun dies die skurrilen Anekdoten aus Sicht eines Kindes, das nichts lieber täte, als die Sommerferien abseits von Schotterpisten, den so genannten Bergstraßen, und der tosenden Brandung des Meeres im brütend heißen VW-Bus der Familie zu verbringen. Wahrhaft erfrischend!
~ Rezension ~
Urig
– ein dehnbarer Begriff
Der
kleine Tommy ist begeisterter Stubenhocker. Ihm genügen ein paar
Bücher und seine Sammlung Legosteine. Alles könnte so herrlich
unbeschwert sein, wenn, ja, wenn er nicht der Spross zweier Eltern
wäre, die mit größter aller Leidenschaften die gesamte Familie
jedes Jahr in ein neues Campingabenteuer stürzen würden. Besonders
Vater Krappweis verblüffte seinen Sohn stets durch einen Tatendrang,
der den Junior nicht selten in Schrecken versetzte. Jeglicher
Widrigkeit – ob einer drohenden Gasexplosion an Bord des VW-Busses
oder einem von Seeigel akupunktierten Fuß – wurde mit breiter und
Sonnenbrand versehener Brust getrotzt: Das entsprach sozusagen Tommys
Freifahrtschein in das Vorzelt zur Hölle.
Tommy Krappweis,
der vielseitig engagierte Erfinder von Bernd
das Brot,
hat in Zusammenarbeit mit seinem Vater Werner
Krappweis
ein Stück Literatur geschaffen, das zu einer überaus humorigen
Zeitreise in die 1970er Jahre einlädt.
Mit
einer gehörigen Portion Witz schildert Tommy Krappweis die
einprägsamsten Kuriositäten seiner Kindheit in einer
campingverrückten Familie. Die Anekdoten allein sind einer Erwähnung
wert und unterhalten, doch in Kombination mit einer humorvollen,
(selbst-) ironischen und pointierten Rhetorik entsteht eine Finesse,
die zum Kopfschütteln, Augenrollen oder wahlweise Schenkelklopfen
animiert.
Dass
während jener Expeditionen zu den urigsten Campingplätzen Europas
die Welten von Vater und Sohn aufeinander prallten, erzählt der
Autor eindrucksvoll bildhaft und spritzig. Dabei wird er stolz von
seinem Vater unterstützt, der seine Erinnerungen ebenfalls gewieft
zum Besten gibt. Dadurch entsteht ein nostalgisches Potpourri
einzigartiger Familiengeschichten gespickt von allerhand
Merkwürdigem.
Während
des Lesens entstanden vor meinem geistigen Auge die drolligsten
Bilder, die das Maschinengewehr der Eloquenz im Seitentakt abschoss.
Als besonders angenehm empfand ich die Nähe zum Leserpublikum, mittels welcher Tommy Krappweis auf unkomplizierte, direkte und
reflektierende Weise seine (durch manch einen Sonnenstich
verklärten) Erinnerungen aus dem Reisetagebuch zutage förderte.
Bei
Das Vorzelt zur Hölle
handelt es sich um eine ultimativ leichtfüßige Urlaubslektüre, die
sowohl Campingfreunde als auch desillusionierte Zeltstangenstolperer
anspricht und mit einem unübersehbaren Augenzwinkern die Mission
„Familienurlaub“ unter die Lupe nimmt.
F★ZIT: Entschlossen.
Humorvoll. Erkenntnisreich.