"Wer bereits als Kind die Welt zwischen den Zeilen für sich entdeckt, geht auch später gern als Abenteurer durchs Leben." {Creativity First}

Montag, 22. Juli 2013

[Rezension] Amy & Roger's Epic Detour (Morgan Matson)

Morgan Matson: Amy & Roger's Epic Detour 

[deutscher Titel: Amy on the Summer Road]

Ich weiß nicht genau, was es war. Ich weiß nur, dass es war. Das gewisse Etwas, was eine Erzählung benötigt, um bei mir ins Schwarze zu treffen, spürte ich beim Eintauchen in dieses Buch wahrhaftig. Ich saß sozusagen auf dem Rücksitz hinter Amy und Roger, während sie die Route ihres Lebens (neu) entdeckten.
In diesem Fall hielt ich ein Buch in Händen, bei dem das Ende viel zu rasch nahte. Liebend gern hätte ich noch weitere Kilometer jener von beeindruckenden Abstechern und ehrlicher Emotionalität geprägten Tour in Form nachfolgender Seiten erleben wollen. 


~ Rezension ~

Aus der Sackgasse hinaus auf die Überholspur

Zähneknirschend stimmt Amy dem Plan ihrer Mutter zu, das Familienauto einmal quer durch die USA zum neuen Wohnort der Familie zu bringen. Seit Amys Vater bei einem Verkehrsunfall ums Leben kam, setzt sich der Teenager allerdings nicht mehr selbst hinters Steuer, sodass Roger, ein Freund der Familie, sich bereiterklärt hat, als Fahrer einzuspringen. Doch nicht genug damit, dass Roger einen eigenen Schatten der jüngsten Vergangenheit mit sich trägt, nein, er überredet Amy dazu, von der vorgesehenen Route ihrer Mutter abzuweichen, um die Fahrt zu einem ganz besonderen Erlebnis zu machen. Ein Vorhaben, das Amy anfangs Unbehagen bereitet, sie dann jedoch nach und nach zu einer alles verändernden Erkenntnis kommen lässt.

Ein perfektes Stück Teenagerabenteuer und damit ein sehr spezielles Lebensgefühl hat Morgan Matson mit Amy & Roger’s Epic Detour eingefangen.

Die Geschichte einer Reise, die weit über einen gewöhnlichen Roadtrip hinausgeht, wird aus dem Blickwinkel Amys erzählt. Ein Charakter, der bereits in jungen Jahren schmerzhaft erfahren hat, wie es sich anfühlt, wenn die eigene Familie zerbricht. Sehr sympathisch fand ich, Amy im Verlaufe der Handlung aus ihrem betäubenden Vakuum erwachen und dabei wachsen zu sehen. Nicht unbeteiligt an jener Entwicklung ist der charismatische Roger, der trotz seiner eigenen innerer Konflikte stets eine Schulter zum Anlehnen darstellt. Ferner hat die Autorin ihr Figurenensemble durch Nebenrollen ergänzt, die ich als Leser auf Anhieb und trotz oder wegen ihrer markanten Art ins Herz geschlossen habe.

Der Leser erlebt die Geschichte selbst ein Stück weit als Reise, da die Kapitel immer wieder durch Einträge in Amys Travelers Companion. Journal/Scrapbook/Helpful Hints sowie durch Rogers musikalische Playlists aufgelockert werden. Auf diese Weise wird ein Gefühl des Involviertseins vermittelt, das dabei die Dynamik und das Unvorhergesehene jenes wundervollen Umweges hervorhebt. 

Als besonders angenehm wirkte das Zusammenspiel der Charaktere auf mich. Die beiden Protagonisten wurden authentisch, mit Ecken und Kanten samt Sehnsüchten, Hoffnungen und Unsicherheiten gezeichnet, welche den (jungen) Leser nicht fremd sein dürften. Sowohl der Sinn für das jugendlich unbeschwerte Wagnis als auch großes Verantwortungsbewusstsein entsprechend der hinter den Charakteren liegenden Lebenseinschnitten werden ausbalanciert beschrieben.

Ferner greift die Autorin typisches US-amerikanisches Flair – ein wenig basierend auf eigenen Reiseerlebnissen  auf und spielt mit wohlbekannten Klischees. Ein Aspekt, der die Reise zu dem macht, was sie letzten Endes wird.

Eine Geschichte, welche die Schwere und die Tragweite von Entscheidungen, die uns im Leben nicht erspart bleiben und die dennoch ebenso eine zweite, eine glänzendere Seite haben können, symbolisiert. Hierbei souffliert Morgan Matson dem Leserpublikum, dass es manchmal nur einer einzigen Initialzündung bedarf, um die Welt um sich herum mit anderen Augen zu sehen.
Welche Abfahrt auf der Autobahn des Lebens wir uns auch entscheiden zu nehmen, etwas Lohnenswertes erwartet uns in den meisten Fällen – meist dann, wenn wir gar nicht bewusst danach streben.

Aufgeweckt, gefühlsbetont und mit großem Lebenshunger versehen lädt dieses Jugendbuch dazu ein, sich ab und an auf ein Abenteuer einzulassen und das Leben als Geschenk zu sehen. In diesem Sinne wird eine tragende Lebensweisheit in eine fabelhaft unterhaltende Kulisse eingebettet, sodass gelehrt wird, ohne zu belehren.

F★ZITEinladend. Sprudelnd. Erobernd.