Adriana Popescu: Lieblingsgefühle
Als ich im vergangenen Sommer Teil 1 der Geschichte um Layla und Tristan gelesen habe, war eines sofort klar: Die Fortsetzung wird sehnlichst erwartet. So sehr wie selten ein Buch zuvor, um die Umstände auf den Punkt zu bringen. Unter uns, weshalb hätte es mir diesbezüglich auch anders gehen sollen als all den anderen angetanen Lesern?
Nun ist es so weit, Lieblingsgefühle ist gedruckt ... und von mir gelesen worden. Was soll ich sagen? Ich könnte viel, viel, viel zu diesem Roman erzählen. Oder ich könnte zufrieden schweigen, weil mir die passenden Worte vielleicht fehlen. Ich habe versucht, einen Mittelweg zu finden. Das vorab.
Talentierte Schriftsteller gibt es. (Vielleicht mehr als uns manchmal bewusst ist.) Adriana Popescu gehört für mich zweifellos dazu. Sie zeichnet Konturen, die ansprechen, wehtun oder erfüllen. Sie setzt den emotionalen Weichzeichner an den richtigen Stellen an und gleichfalls den scharfkantigen Schnitt. Sie ist sozusagen Präzisionsschützin, deren Munition — die Worte — Geschichten erzählt, die nachhallen.
Danke schön für all die kleinen und großen Lieblings(lese)gefühle, die sehr besonders und gleichsam spektakulär sind. Weit vor dem ersten Kapitel beginnend und über das letzte Kapitel hinaus!
Danke schön für all die kleinen und großen Lieblings(lese)gefühle, die sehr besonders und gleichsam spektakulär sind. Weit vor dem ersten Kapitel beginnend und über das letzte Kapitel hinaus!
[Bildquelle: Piper Verlag]
~ Rezension ~
Das
Gefühl, das einen Moment zu dem
einen
Moment macht
Layla
ist zurück von ihrer Weltreise, zu der Tristan sie ermutigt hatte.
Und trotz der Distanz teilten die beiden über neun Monate hinweg
viele Lieblingsmomente miteinander. Denn was für die einen nur das Motiv
eines Fotos ist, repräsentiert für Layla und Tristan eine Erinnerung für die
Ewigkeit. Doch anstatt nun das Wiedersehen in Stuttgart vollends
auskosten und Pläne für eine gemeinsame Zukunft schmieden zu können,
überkommen Layla plötzlich ganz andere Gefühle. Glücksgefühle,
keine Frage. Denn seit ihrer ersten eigenen Ausstellung reißt sich
die Branche um sie. Eine völlig neue Welt eröffnet sich ihr. Eine
aufregende Welt. Doch ist es wirklich ihre Welt? Eines ist deutlich,
Tristans Welt ist eine andere. Daraus macht er keinen Hehl. Genau das
zerreißt Layla förmlich. War es nicht Tristan, der sie überhaupt
erst dazu ermutigt hat, der Fotografie als Kunst eine Chance zu
geben? Plötzlich muss Layla sich entscheiden: Lebt sie ihre Liebe oder
ihren ersehnten Kindheitstraum?
Mit
Lieblingsgefühle,
der Fortsetzung zu Lieblingsmomente,
trifft Adriana Popescu
abermals den Nerv der Zeit und vor allem das Herz ihrer Leser.
Das
Protagonistenpaar Layla und Tristan wird auf eine emotionale Achterbahnfahrt geschickt, die es in sich hat. Sie heben gemeinsam ab und dürfen
träumen. Sie werden ausgebremst und drohen ins Eis einzubrechen –
bildlich gesprochen. Mit großen Gefühlen wartet die Autorin auf,
doch ebenso mit kleinen Gesten und wichtigen Worten, die verzücken,
entsetzen und zittern lassen.
Dem
dramaturgischen Spannungsbogen wird gehörig an Würze verliehen,
indem zwei neue Gegenspieler ins Geschehen eingebracht werden: Stella
Frey und David Stiller. Beide haben ihre Beweggründe. Beide wollen
ihr Ziel erreichen. Beide bringen die Gefühlswelt des eingespielten
Doppels Layla und Tristan ins Wanken. Zu sehr vielleicht?
Neben
der detailreich geflochtenen Handlung möchte ich ein großes
Augenmerk vor allem auch auf die Nuancen lenken, die zwischen den
Zeilen mitschwingen. Denn diese sprechen nicht minder an. Adriana
Popescu nimmt an dieser Stelle die Rolle einer ausdrucksvollen und
aufrichtigen Botschafterin ein: Wer abspringt und aufprallt, hat
demjenigen, der nie abspringt, nicht nur Schrammen, sondern auch
erfüllte Momente und Lieblingsgefühle voraus!
Was
mich dabei sogar noch weitaus mehr beeindruckte, ist, Adriana Popescu
klingt hierbei alles andere als romantisch verklärt. Sie klingt
einfach nur vertraut, ermutigend und lebensnah. Wie gewohnt liegt ein
wunderbarer Fokus des Romans auf bittersüßen Gewissensfragen,
tiefster Hingabe und fabulöser Entschlusskraft.
Anhand
der Kulissenbeschreibung spürt der Leser, wie sehr die Autorin ihrem
Stuttgart verbunden ist und bleibt. Fundiert und mit fiktionaler
Rüsche verziert wachsen einem beim Lesen die verschiedenen Locations
an Herz.
Die
Autorin schenkt jedem ihrer Leser ganz individuelle Lieblingsgefühle,
weil sie indirekt direkt anspricht. Die Geschichten rund um die
Lebensträume von Layla, Tristan, Thomas Pegram & Co. können gut
und gern als Spiegelbild der eigenen Wünsche und Vorstellungen
gesehen werden. Denn das Gute an den Romanen von Adriana Popescu ist,
ihre Geschichten sind alles andere als lebensfremd.
Eine
Bereicherung der Geschichte stellen einmal mehr die auf die Akzente der
Geschichte abgestimmten einladenden Liedtexte von Thomas Pegram dar.
Die künstlerische Harmonie zwischen Autorin und Musiker könnte
besser und inspirierender kaum sein.
In
der Summe ein Roman, der durch eine Kost an reichhaltigen, Augen und
Herzen öffnenden Episoden ins Schwarze trifft. Eine
Gesamtkomposition, welche diese Wirkung hat, das Buch nicht mehr hergeben zu wollen – mit der Konsequenz, sich dem finalen
Schlussstrich unaufhaltsam zu nähern.
F★ZIT: Intensiv.
Intuitiv. Impressiv.