"Wer bereits als Kind die Welt zwischen den Zeilen für sich entdeckt, geht auch später gern als Abenteurer durchs Leben." {Creativity First}

Mittwoch, 6. August 2014

[Rezension] Angstruf (Elke Rouger u.a.)

Elke Rouger (Hrsg.): Angstruf 

Die erste Assoziation die ich beim Lesen dieses Buchs hatte, war: "ein bisschen wie X-Faktor: Das Unfassbare". Ich weiß nicht, wer von euch dieses TV-Format (noch) kennt? Aber, ja, in etwa an jene undurchsichtigen, mitunter absurden Geschichten fühlte ich mich erinnert.
Mit all den Kriminalfällen des Buchs im Hinterkopf stellt sich allmählich tatsächlich die Frage: "Wie ratsam ist es, ein gefundenes Handy überhaupt anzufassen?" ... Aber malen wir den Teufel jetzt nicht an die Wand ... Wenn nun doch? ... Ach was, wird schon nicht ... Oder doch?

Ein Dankeschön auch an Elke Rouger, die Herausgeberin des Buchs, die mich auf dieses Projekt einer engagierten Autorengurppe aufmerksam gemacht hat!

Buchcover: Elke Rouger


~ Rezension ~

Eine Anruf, eine SMS und alles ändert sich ...

Ob ein harmloses Handy, das verlassen auf dem Tresen der Bar liegt; ob ein schrilles Klingeln, das die nächtliche Stille zerreißt; ob eine unerwartete Textnachricht, die Schauderhaftes offenbart — das unsichtbare Grauen erreicht seinen unfreiwilligen, aber von Neugier oder Hilfsbereitschaft getriebenen Empfänger und konfrontiert diesen mit krimineller Energie, die wie eine Eisdusche über ihn hereinbricht. Plötzlich wird Alltägliches zum Horror, raubt Schlaf, Verstand und — piep piep — Leben.

Angstruf ist eine Sammlung an Krimi- und Thrillerkurzgeschichten, die falsche Fährten ebenso legt wie die sich immer enger ziehende Schlinge. Eine Köder auslegende Kollaboration von Elke Rouger und einem Team an Autoren, bestehend aus Thomas Sillmann, Heike Judy, Mareike Holm, René Jansen sowie Catrin Knußmann.

Mit ihrer Reihe an Kurzgeschichten liefern die Autoren dieses Werks reichlich (möglicherweise halsbrechenden) Aufhänger, welche das Dunkle, das Mysteriöse und das Tödliche gekonnt in Szene setzt.
Dem Genre entsprechend entfallen große Verschnörkelungen. Vielmehr lassen sich Dynamik, Absurdität und Spannungsbogen auf den ersten Blick und ganz ohne den Einsatz von Luminol erkennen.

Dreh- und Angelpunkt der Geschichten ist jeweils das Handy sowie menschliche Schwächen wie Neugierde, schlechtes Gewissen oder Gutgläubigkeit.
Als Rahmen wird sich zumeist gängigen Klassikern wie der Halloweennacht oder dem verlassenen Park bei Nacht bedient. Allerdings dauert es nicht lang und der jeweilige Autor trumpft durch ganz eigene makabere, clever inszenierte oder gar perfide Handlungsverläufe auf. Der hierbei an den Tag gelegte Einfallsreichtum hat mich teilweise sehr beeindruckt und dabei nicht weniger erschüttert. Insbesondere "Gefangen" empfand ich als markant und emotional aufwühlend. Eine Geschichte, die mich sehr schlucken ließ.

Den Autoren gelingt es, mit ihren Kriminalfällen und Schauerszenarien die Spürnase im Leser zu wecken. Manches Mal wird eine Ahnung auf Motiv und Täter geweckt, der eine Klärung folgt. Manches Mal bleibt der arglose Lese ohne die angestrebte Bestätigung. Während Ersteres über Moral, Gerechtigkeit und (Selbst-) Justiz nachdenken lässt, kurbelt Letzteres die Fantasie des Lesers an.

Stilistisch werden die Geschichten von überschaubaren Strukturen geprägt, die jeder Autor für sich zu nutzen weiß. Das Verhältnis zwischen schlicht gehaltenem Schreibstil und brisanter Handlung ergänzt sich dabei vorteilig.
Wahrlich gut gewählt finde ich im Übrigen auch den Titel des Buchs sowie dessen Illustration auf dem Cover: Ein Anruf plus unterschwellige oder gar allzu offensichtliche Angst und schon ist der verzweifelte Angstruf perfekt.

Im Draufblick ein eBook, das durch seinen Pool an Einfallsreichtum und der Fähigkeit der Autoren, diesen auf den Punkt hin auszuschöpfen, anspricht. Hinzu kommt der äußerst löbliche Gedanke eines Gemeinschaftsprojekts, welches sein Genre bereichern soll.

FZIT: Schlagkräftig. Dubios. Überlegt.