"Wer bereits als Kind die Welt zwischen den Zeilen für sich entdeckt, geht auch später gern als Abenteurer durchs Leben." {Creativity First}

Montag, 14. Oktober 2013

[Rezension] Zeit für Eisblumen (Katrin Koppold)

Katrin Koppold: Zeit für Eisblumen 

Sozusagen seit der ersten Zeile bin ich begeisterte Katrin-Koppold-Leserin und konnte es daher kaum abwarten, nachdem ich bereits Band 1 ihrer Sternschnuppen-Reihe (wie viele andere Leser auch) verschlungen hatte, die Fortsetzung zu lesen.
Als ich dann von der Autorin selbst im Rahmen einer ihrer Facebook-Fan-Actionen eine E-Book-Ausgabe von "Zeit für Eisblumen" erhalten habe, gab es natürlich kaum ein Halten mehr. Schnell wurde aus einem kleinen Hineinlesen ein Nicht-mehr-Loskommen. Als hätte ich es nicht geahnt ... Danke schön Katrin Koppold für diesen erneuten Lesegenuss, der sich dieses Mal in einem bittersüßen Gewand zeigte. 

[Bildquelle: www.katrinkoppold.de]


~ Rezension ~

Wenn plötzlich jeder Atemzug Kraft kostet, anstatt sie dir zu geben ...

Fee Baum hatte all das, was ihr lieb und teuer schien: einen Freund, für den sie beglückwünscht und um den sie beneidet wurde; einen Karriere, die reibungslos lief; eine makellose Erscheinung, die ihr die Blicke ihrer Mitmenschen zuhauf einbrachte. Doch mit dem Tag, an dem Paul, ihr kleiner Sohn, in ihr Leben trat, waren all jene heißgeliebten Annehmlichkeiten Geschichte und Fee wurde gefordert wie noch nie in ihrem Leben. Eine Tatsache, die sie schnell überforderte. Ein Einschnitt, der sie aus der gewohnten Balance brachte und an einen emotionalen Abgrund drängte. Eine Situation, in der eine Unpässlichkeit im Nu zu einem Eklat und der Wunsch nach Konformität zu etwas Unerreichbaren wurde. Fee wurde klar, dass es nur einen Ausweg gab: Sie musste zu einer Reise aufbrechen, die sie viel zu lang vor sich hergeschoben hatte. Eine Reise, bei der sie alles auf eine Karte setzen würde. Eine Reise, die ihr den Zauber Irlands nahe bringen sollte. Doch würde Felicitas zu ihren Wurzeln zurückfinden und endlich wieder — wie es die Bedeutung ihres Namens zum Ausdruck bringt — glücklich sein können?

Nach einem Debüt, dass durch Humor und Schmissigkeit glänzte, überzeugt Katrin Koppold mit Zeit für Eisblumen durch Gedankentiefe und Selbstreflektion. Die Autorin stellt damit Wandlungsfähigkeit und Kontrastreichtum unter Beweis, womit sie abermals entzückt.

Mit Fee Baum rückt Katrin Koppold eine Hauptfigur ins Rampenlicht, die es gewohnt war und die es genoss, sich in eben jenem zu sonnen. Nach der Geburt ihres Sohnes ist von diesem Glanz jedoch wenig übrig und Lethargie, Selbstzweifel und Gefühlschaos übermannen die einst strahlende Frau. Damit gestaltet die Autorin ein Schicksal aus, das in unserer Gesellschaft leider keinen Seltenheitswert hat. 
Katrin Koppold fasst sich ein Herz und macht das Thema Depression zum tragenden Fundament ihres Romans. Mit Einfühlungsvermögen und (schmerzlicher) Ehrlichkeit zeichnet sie den Pfad ihrer Protagonistin, an dessen Wegesrand die kleinen, aber umso wichtigeren Hoffnungsschimmer aufglimmen, vor. Dabei gelingt es ihr, den Leser an die Hand zu nehmen und direkt in die ausgeleuchtete Gefühlsachterbahn Fees, die den steinigen Weg vieler Betroffener symbolisiert, zu katapultieren.

Mir hat dabei besonders gefallen, dass trotz all der Melancholie und lähmenden Beklemmung, welche die Erzählung prägen, auch das Quäntchen Galgenhumor stets zwischen den Seiten hindurchschimmerte. Auf diese Weise gelang der Autorin, die zwei Seiten einer Medaille, die auf den ersten Blick noch so aussichtslos trist und ungewollt ist, aufzuführen. Der Spagat als Seelentröster zwischen Angst zum Eingeständnis und Vertrauen in die eigene Stärke, die sich gerade erst durch das Akzeptieren von Makeln auszeichnet, ist zweifelsohne gelungen.

Darüber hinaus spielt Katrin Koppold auch in diesem Buch ihren Trumpf, mit aufrichtigen Worten auf den (sensiblen, gegebenenfalls gar wunden) Punkt zu kommen, vollkommen aus. Geschickt werden kleine Bilder vor dem geistigen Auge der Leser gemalt, deren Wirkung umso größer ist.

Außerdem lädt dieser Roman erneut dazu ein, auf Reisen zu gehen. Dieses Mal entflammt zwischen den Zeilen ein Feuer für das bildschöne und zugleich raue Irland. Traumhaft und elfengleich kommt es einerseits daher, als kompromissloser Augenöffner gibt es sich andererseits. Ein Kontrast, der den Reiz schlicht und ergreifend ausmacht.

Insgesamt ein Buch, das durch seine deutliche Sprache und seine klaren Bilder zu einem Sprachrohr über das Bücherregal hinaus wird. Eine Geschichte, die uns auffordert, mehr Aufmerksamkeit unseren Mitmenschen gegenüber walten zu lassen. Ein Roman, der appelliert, ein Stück weit das Allgegenwärtige nicht als selbstverständlich, das Selbstverständliche auch als vergänglich und das Vergängliche als wegweisend anzusehen.

FZIT: Expressiv. Zerbrechlich. Entschlossen.