Wie vielleicht mittlerweile bekannt sein dürfte, bin ich Fan von Worten, die auf ansprechende Weise in die Tiefe gehen — in jeder erdenklichen Hülle verpackt: Buch, Postkarte, Zitat oder eben Musik. Einer meiner persönlichen Favoriten ist in Hinblick auf Letztere der Berliner Sänger und Texter Tim Bendzko. Da gibt's jetzt kein Wenn und Aber. Ist einfach eine unumstößliche Tatsache. Punkt. Ausrufezeichen!
Daher freute es mich ungemein, dass Tim Bendzko auf seiner aktuellen Ich steh nicht mehr still Tour nicht nur im vergangenen Sommer in der Waldbühne Berlin spielte, sondern nun abermals in der Hauptstadt zum Konzert einlud. Klare Sache: ein Muss (für mich).
Nichts wie los also: Ich will das jetzt hier alles ...
Für die sympathische und gleichsam stimm- bzw. wortgewaltige Eröffnung des Abends sorgten Sänger/Songwriter Tom Klose in Begleitung von Celloklängen sowie Poetry-Slammerin Julia Engelmann mit ihrer den Nagel auf den Kopf treffenden Dichtung.
Anschließend betrat die Band Tim Bendzkos auf leisen Sohlen die Bühne und nahm vor ausverkauftem Haus Position ein. Vor gelb erleuchtetem Hintergrund waren die schwarzen Silhouetten der Musiker und Sänger schon einmal ein erster Hingucker: dezent, unaufdringlich und vor allem aber markant wirkungsvoll.
Dann begann die Show mit einem Sänger, der mit Mein Leben ist dein Leben ins Scheinwerferlicht trat. Im Hintergrund auf die Leinwand projiziert wurden derweil seine überlebensgroßen Hände, die der Refrain des Lieds zierte. Eine gesungene Botschaft, die somit dank visueller Effekte noch einmal originell unterstrichen wurde.
Apropos Botschaft, der Grundtenor dieser zog sich durch den gesamten Abend: Schlichtheit mit fundiertem aussagekräftigen Kern kann im Rennen gegen Pomp und Knalleffekt noch immer die Nase vorn haben. Sehr angenehm.
Für meinen Geschmack stimmten sämtliche Details des Gesamtpakets und passten damit vollkommen in eine Welt, die es nur noch kurz zu retten gilt.
Die Bühne wurde mit farblichen Akzenten ausgeleuchtet. Das variantenreiche Zusammenspiel der Instrumente mit der Stimme von Sänger und Background-Sängern war eine abwechslungsreiche Mischung aus Ruhepol und rockigem Gitarrensound. Die Musikstücke wurden teilweise in erfrischend abgewandelten Live-Versionen dargeboten.
Hinzu kam ein minimalistisches Bühnenbild, das mich persönlich auf Anhieb überzeugte, weil es gleichermaßen schlicht wie clever ausgestaltet und einfallsreich auf die Inhalte der Liedtexte abgestimmt war: An Comic, Cartoon und ein mit Kreide gezeichnetes Tafelbild angelehnte Bilder entstanden während des musikalischen Vortrags im Hintergrund und vervollkommneten damit visuell den Gesamteindruck. Ergänzt wurde dieser in weiten Teilen des Konzerts insbesondere durch besagte Lichteffekte, die großzügig eingesetzt wurden.
Was neben dem ausgelassenen Miteinander von Sänger und Band sowie Sänger und Publikum ebenfalls einem der Glanzpunkte des Konzerts entsprach, war wohl der gemeinsame Auftritt von Tim Bendzko und Cassandra Steen. Laut eignen Aussagen, war es (wieder einmal) eine spontane Idee des Sängers, seine Duettpartnerin für Unter die Haut vor Ort wissen zu wollen. Um 13 Uhr traf die SMS bei der Sängerin in Stuttgart ein. Wenige Stunden später stand sie in der Max-Schmeling-Halle auf der Bühne ... und das Publikum quittierte diese Stippvisite lauthals mit großer Freude.
Nicht weniger schlugen natürlich all die anderen Darbietungen des Sängers ein. Immer wieder fungierte die gefüllte Halle als zuverlässiger Chor, der konsequente Textsicherheit ebenso bewies wie ein wippendes Tanzbein. Das Motto des Abends Ich steh nicht mehr still stets vor Augen. Mit zackiger Euphorie wurde im Übrigen auch die Bendzko-Interpretation von Herbert Grönemeyers Was soll das aufgenommen. Nur ein weiterer Beweis für die Lockerheit und Leichtfüßigkeit in der Halle.
Insgesamt mochte ich als Zuschauer unter anderem besonders den Fakt, dass Tim Bendzko selbst die Bühne ziemlich offensichtlich überhaupt nicht mehr verlassen wollte. Gewohnt bescheiden und umso begeisterungsfähiger versenkte der fußballaffine Sänger Treffer um Treffer bei seinem Heimspiel — sowohl in der regulären Spielzeit als auch in der tosenden Verlängerung. Eine Interaktion und Lebendigkeit, die in einem Augenblick die leisen, nachdenklichen und vieldeutig interpretierbaren Töne traf und im nächsten Moment für fulminante Feierlaune sorgte. Atmosphäre zum Eintauchen!
Das (wenig überraschende) Stimmungsbild meinerseits nach diesem großartigen Abend lässt sich recht eindeutig und natürlich mit einem Tim-Bendzko-Zitat auf den Punkt bringen: Ich will viel mehr davon!