"Wer bereits als Kind die Welt zwischen den Zeilen für sich entdeckt, geht auch später gern als Abenteurer durchs Leben." {Creativity First}

Dienstag, 10. Januar 2017

[Rezension] New York Diaries — Claire (Ally Taylor)

Ally Taylor: New York Diaries  Claire 

Übersprudelnd und umarmend, kokett und überwältigend. Einfach ein bisschen mehr von allem vereint nicht nur die Stadt, die niemals schläft, sondern eben auch die neue von Knaur veröffentlichte Romanreihe von Ally Taylor und Carrie Price. Vielversprechend! Denn wann immer Geschichten der beiden Autorinnen "in Serie gehen", ist eloquente Popcornunterhaltung garniert mit Herzschmerz ziemlich wahrscheinlich. So auch dieses Mal?

P.S.: Dass NEW YORK nun dank der beiden Bühne des großen Geschehens wird, macht das Entzücken für mich persönlich bereits zu so etwas wie einem Selbstläufer. Die Hälfte der (in NY zugegeben teuren) Miete ist also so gut wie drin...


~ Rezension ~

If you can make it here...

Nachdem Claire Gershwin wieder einmal das Herz gebrochen wurde, kehrt sie mit ins Kellergeschoss gerutschtem Stolz zurück nach New York. Dort findet sie Unterschlupf im Kleiderschrank ihrer besten Freundin June — und das mit Anfang dreißig. Was ist nur aus ihren Visionen geworden? Und als hätte Claire nicht schon genug mit den Scherben ihrer Gegenwart zu kämpfen, treten da auch noch Jamie, Claires erste große Liebe, und Danny, ihr bester Freund aus Kindertagen, unerwartet zurück in ihr Leben. Katastrophe oder Segen? Schließlich gab es triftige Gründe, weshalb seit Jahren Funkstille herrschte. Aber wurden die eigentlich jemals tatsächlich offen angesprochen? 

New York Diaries — Claire aus der Feder von Ally Taylor bildet den Auftakt der New York Diaries. Dies ist eine Romanreihe, die in das prächtige Kaleidoskop aus Alltagswahnsinn, Liebe und der Suche nach dem angekommen Ich in eine Weltstadt entführt.

Vertraut gewandt, bildsprachlich ausgeklügelt und emotional ansprechend wirft Ally Taylor ihre Leser/innen unmittelbar ins Geschehen. Bei diesem handelt es sich um das verworrene und gerade unbeschreiblich aufgewühlte Leben Claires. Die Autorin porträtiert eine junge Frau, die zum einen liebenswert chaotisch und witzig, zum anderen von Emotionen überwältigt daherkommt. Sie möchte endlich einen Haken hinter eine ihrer Meinung nach verkorkste Vergangenheit machen und übersieht dabei allerdings das Wesentliche: Dass sie ohne ebenjene Erfahrungen nicht die mutige, loyale Persönlichkeit geworden wäre, die nie aufgehört hat, ein wenig an den Zauber von Disney zu glauben.

Dass sich Claire nun abermals in einem Netz aus verdrängten Gefühlen, ungeahnten Ängsten und unausgesprochenen Worten zu verheddern droht, gehört einfach zu ihrem Schicksal wie die Freiheitsstatue zu New York. Natürlich sind knisternde und bittersüße Klischees und hyperventilierende Überspitzungen da nicht weit. Hallo? Das sind immerhin maßgebliche Klassiker des von der Autorin geprägten Genres! Meiner Meinung nach wird der Bogen aber nie überspannt. Denn das hohe Maß an packender Emotionalität und innerer Zerrissenheit sorgt dafür, dass die Fiktion in einen Mantel lebensnaher Glaubwürdigkeit und Tiefenwirksamkeit gehüllt wird.

Was mich an diesem Roman zudem besonders begeistert, ist die große Liebe zum Detail, mit der New York den Leser förmlich in den Bann zieht. Die Stadt wird nicht nur als Setting lebhaft in Szene gesetzt, sondern wird mit ihrer Ausstrahlung und Sogkraft zu einer weiteren Protagonistin. Ally Taylor gelingt es, uns den New Yorker "way of life" zu kredenzen wie ein köstliches Stück Apple Pie mit Sahne. Chapeau... und Nachschlag, bitte!

Ein Roman, der es seiner gewählten Kulisse gleich macht und Herzen springen, brechen und heilen lässt. Seine Botschaft? Manchmal sehen wir das Zuhause unseres Seelenheils vor lauter Wolkenkratzern nicht. Das heißt jedoch nicht, dass es nicht da ist.

FZIT: Aufmüpfig. Attraktiv. Aufwühlend.