"Wer bereits als Kind die Welt zwischen den Zeilen für sich entdeckt, geht auch später gern als Abenteurer durchs Leben." {Creativity First}

Freitag, 31. Juli 2015

[Rezension] Kuschelflosse — Das unheimlich geheime Zauber-Riff (N. Müller)

Nina Müller: Kuschelflosse Das unheimlich geheime Zauber-Riff 

Ein fein geschriebenes Kinderbuch ist (in jedem Alter) Gold wert. Wird dieses nun allerdings noch zusätzlich von einem Vorleser wie Ralf Schmitz vorgetragen, ist das so etwas wie eine unbezahlbare Einladung, die Welt (wieder einmal) mit Kinderaugen sehen zu dürfen. Ebenjenem Wink bin ich natürlich nur zu gern gefolgt. 

Danke schön an dieser Stelle auch an cbj audio für das mir zugesandte Hörbuch! 

Cover: cbj audio


~ Rezension ~

Hinein ins kuschelig-blubbernde Unterwasserabenteuer!

Fellfisch Kuschelflosse, den seine Freunde aus flauschigen Gründen einfach Kuschel nennen, stößt auf eine nur allzu verlockende Radiomeldung: In einem fernen, unheimlich geheimen Riff, soll eine weise Zauber-Schildkröte leben, die Wünsche erfüllen kann. Für Kuschel ist sofort klar, dass er diesem magischen Abenteuer zum Riff der Schildkröte nicht widerstehen kann. Schließlich hat er selbst einen sehr, sehr großen Wunsch. Dass seine quirligen Freunde Emmi, Sebi und Herr Kofferfisch natürlich mit auf Reisen gehen, ist keine Frage. Aber wird es den vier Freunden tatsächlich gelingen, das Zauber-Riff zu finden? Gemeinsam sind sie ein tolles Team, doch als sie auf die fiese Feuerqualle treffen, ist guter Rat teuer.

Kuschelflosse — Das unheimlich geheime Zauber-Riff aus der fantasievollen Feder von Nina Müller ist ein Hörbuch, das Ralf Schmitz zum Besten gibt.

Eines steht fest: Für alle kleinen (und auch etwas größeren) Fans einer herrlich bunten Unterwasserwelt hat Autorin Nina Müller sich etwas wirklich Niedliches einfallen lassen. Wenn das originelle Quartett Fellfisch Kuschelflosse, Schwimmerdbeere Emmi, Seebrillchen Sebi und Herr Kofferfisch erst einmal losschwimmt, sind Wasserpurzelbäume vorprogrammiert.

In ihrem Kinderbuch für "Leser" ab vier Jahren stellt Nina Müller auf quirlig unterhaltsame Weise vieles von dem heraus, was in einem (Kinder-) Leben von Bedeutung ist: Abenteuerlust, Freundschaft und Achtsamkeit. Wertigkeiten wie Loyalität, Mut und Vertrauen bricht die Autorin auf eine Ebene herunter, auf der sie den Kindern auf Augenhöhe begegnet. 

Besonders großer Fan bin ich von den zahlreichen liebevollen Details, mit denen Nina Müller das aufgeweckte Treiben unter der Meeresoberfläche ausstaffiert — von A wie Aquollo 14 bis Z wie Zauber-Riff. Hier verschwimmen Welten miteinander und es macht einfach Spaß Teil dieses Abenteuers zu sein.

Dass nun gerade Ralf Schmitz das Hörbuch eingelesen hat, ist ein absoluter Glücksgriff. Mit seinem Talent fürs Rollenspiel verleiht er den Bewohnern von Fischhausen nicht nur eine Stimme, sondern eine lebhafte Persönlichkeit. Eine Freude wie der Griff in die Auslage voller Brauseblubberbonbons. 

Kurzum, die Nachrichten im Unterwasserradio würden wohl verlesen: Ein flauschig vergnügliches (Hör-) Vergnügen für Kinder und all im Herzen Kind Gebliebenen. 

FZIT: Knuffig. Aufgeweckt. Erlebnisreich. 


Dienstag, 28. Juli 2015

[Buchpost] Es geht auf Tour³

Lasst uns aufbrechen! Als offenkundiger Fan von Roadtrip-Lektüre freue ich mich nicht zu knapp über diese drei vielversprechenden Romane, die mich kürzlich erreichten:

Eine Woche, ein Ende und der Anfang von allem geschrieben von Nina LaCour und Driving Phil Clune aus der Feder von Susanne Fuß.

Ihres Zeichens zwei Bücher, die regelrecht dazu einladen, sich als Leser den Protagonisten anzuschließen und auf verrückte Reise zu gehen. Zu verlockend, um nicht den Rucksack zu packen, oder?

Und dann, ich muss es einfach einmal gesondert betonen, wäre da noch DAS BUCH, dessen Veröffentlichung ich bereits seit Monaten entgegengefiebert habe:

Adriana Popescus Debüt als Jugendbuchautorin mit Ein Sommer und vier Tage

Paula, Lewis, Italien erwartet uns. Lasst uns gehen ... also, fahren. SOFORT! Per favore. 


Freitag, 24. Juli 2015

[Rezension] Virals — Tote können nicht mehr reden (Kathy Reichs)

Kathy Reichs: Virals — Tote können nicht mehr reden 

Seit Jahren verfolge ich mit gleichbleibender bis wachsender Begeisterung die Serie Bones — Die Knochenjägerin. Um es ohne lange Umschweife auf den Punkt zu bringen: Dr. Temperence Brennan zählt zu meinen (fiktiven) Lieblingscharakteren überhaupt. Aber das nur nebenbei erwähnt.

Wie würde es nun wohl sein, ein (Jugend-) Buch von Kathy Reichs zu lesen? Einer Autorin, die a) die forensische Anthropologie aus beruflicher Sicht kennt wie kaum jemand anderes und b) die jene Romanfigur, an welche die besagte Bones aus dem Fernsehen angelehnt ist, zum Leben erweckt hat? 


~ Rezension ~

Gerechtigkeit kennt keinen Widerstand

Tory Brennan, Nichte der bekannten forensischen Anthropologin Tempe Brennan, muss sich nach dem plötzlichen Tod ihrer Mom mit ihrem neuen Leben arrangieren. Nicht nur bedeutet das, sich gemeinsam mit Kit an eine neue, noch ungewohnte Vater-Tochter-Familie zu gewöhnen und die Gemeinheiten ihrer Mitschülerinnen zu ignorieren. Vielmehr macht Tory mit ihren Freunden Ben, Hi und Shelton eine unfassbare Entdeckung, welche die Teenager in eine Gefahr bringt, bei der es um Leben und Tod geht. Der Gegner ist skrupellos. Das Geheimnis, das es zu hüten gilt, ist erschreckend. Wie viel Zeit bleibt Tory und den Jungs, um ein längst verblasstes Verbrechen aufklären zu können?

Virals — Tote können nicht mehr reden ist der rasant-brisante Einstieg in eine Thriller-Reihe für jugendliche Leser aus der Feder von Kathy Reichs

Hauptfigur Tory zeichnet sich durch Unbeschwertheit, Intelligenz und Entschlossenheit aus. Das Talent sich dadurch in brenzlige Situationen zu manövrieren inklusive. Dafür zu sorgen, dass sie bei ihren heroischen Unternehmungen nicht auf sich allein gestellt ist, ist Aufgabe ihrer Freunde Ben, Hi und Shelton. Ein Trio, auf das Tory zu jeder Tages- und Nachtzeit zählen kann. Welch glückliche Fügung! Eine freundschaftliche Verbundenheit, die sehr besonders ist.

Das Netz dieses Thrillers wird aus zweierlei Fäden gewebt. Zum einen spielt die Aufklärung eines vier Jahrzehnte alten Mordes eine zentrale Rolle. Denn Tory & Co. haben sich auf die Fahne geschrieben, den mysteriösen Umständen der Vergangenheit auf den Grund zu gehen. Zum anderen kreiert Kathy Reichs einen weiteren Krisenherd, indem sie einen alles verändernden Virus ins Spiel bringt, der das Leben ihrer Protagonisten in ein Vorher und ein Nachher teilen soll.

Die, wie ich finde, angenehme Mischung aus jugendlichem (bisweilen ungestümem) Aktionismus, allgegenwärtigem Gerechtigkeitssinn und der tödlichen Gefahr prägen den Charakter dieses Buches. Eine gewisse Vorhersehbarkeit wird mit undurchsichtigen Ambivalenzen kombiniert und ermöglicht es dem Leser auf diese Weise, an der Seite von Tory und ihren Freunden auf Verbrecherjagd zu gehen.

Eine animalische Superkraft wird zum Gegenpol zu menschlichen Empfindungen. Darin eingeschlossen sind der Wunsch nach Revanche, Machtbesessenheit sowie Angst vor verlorenem Ansehen. Ein (möglicherweise gewöhnungsbedürftiges) Fundament, das dem Roman einen Hauch Überlebensgroßes verleiht und zugleich beängstigend anmutet. Wenngleich der kriminalistische Fall für die Virals, so wie sich die vier Teenager nennen, ein abgeschlossener ist, so zieht sich ihre Fähigkeit fortan wie ein roter Faden durch all die folgenden Bände der Reihe.

Der Fortgang des Romanes wird abwechselnd aus zwei Perspektiven wiedergegeben. Einerseits berichtet Tory als Ich-Erzähler. Andererseits tritt ein außenstehender Beobachter in Erscheinung, der den Blick aufs Gesamte bewahrt. Die kapitelweisen Übergänge gestalten sich unkompliziert und unterbrechen den Lesefluss keineswegs. Auch wenn ich ein, zwei Kapitel benötigt habe, um mich in die Handlung einzufinden, so ist der Gesamteindruck alles in allem äußerst positiv.

Insgesamt ein Buch, welches (jugendlichen) Spürnasen gute Ermittlerlaune beschert. Action und Ungläubigkeit treffen auf Hartnäckigkeit, und Rätselhaftes. Ein Potpourri, das nicht zuletzt durch allseits bekannte Episoden aus dem Leben Heranwachsender aufgelockert wird.

FZIT: Geheimnisvoll. Mehrdimensional. Gefährlich. 


Dienstag, 21. Juli 2015

[Neuzugänge] Es gibt etwas auf die Ohren!

Ohne viele Worte lässt sich frei heraus sagen: Ich mag Hörbücher. Sehr! Insbesondere jene, die schon beinahe an Hörspiele erinnern, weil sie eben nicht "nur gelesen" werden.

Aus diesem Grund freue ich mich mächtig über Post aus dem Hause cbj. Innerhalb weniger Tage erreichten mich gleich zwei Neuerscheinungen des Sommers, die in die Kategorie "Hörbuchvergnügen" fallen. Allerliebst! Blubberblubb.

Zum einen das von Nina Müller geschriebene und von Ralf Schmitz vertonte Kinderbuch Kuschelflosse. Knuffig. Kann nur gut werden. 
Zum anderen das erste Jugendbuch von Sophie Kinsella: Schau mir in die Augen, Audrey, das von Maria Koschny eingelesen wurde. Auch auf die mehr als vier Stunden des Lauschens freue ich mich.


Sonntag, 19. Juli 2015

[Schreibzeugkiste] Sonntags ein Stück "Contemporary"

[...]

"Sie liebte Sonntage wie diesen. Die Sonne war gerade aufgegangen und durchflutete das Zimmer mit goldenem Licht. Musikalische Klänge der 1960er Jahre – einer lang vergangenen Ära – erfüllten ihre Wohnung unterm Dach mit Lebendigkeit. Und wie die Noten der Musik sprangen Rose und Jo, zwei Pingpongbällen gleich, über die Dielen und tanzten ausgelassen Rock'n'Roll. 
Jo war Musiker, kein geborener Tänzer. Aber dennoch ergänzte er Rose nach bestem Wissen und Gewissen auf ihrer eigens auserkorenen Tanzfläche perfekt. Rose sog diese Augenblicke in sich auf und hütete die Erinnerungen daran wie einen Schatz. Jo wiederum liebte das feurige Leuchten in Roses Augen, wenn sie sich wie ein Kreisel um ihn drehte. 
Sie strahlte dann all diese Zufriedenheit aus, die jegliche Unsicherheit wegfegte. Während des Tanzens öffnete Rose die Türen zu ihrer wirklichen Welt. Sie ließ sich fallen und er durfte sie auffangen. Das Glühen auf ihren Wangen war echt und bezaubernd schön. Nichts im Vergleich zu dem zarten und zugleich unnatürlichen Rosa, das sie sich mit pudrigem Rouge lieblos ins Gesicht klatschte, wenn sie aus reinem Pflichtgefühl ihre Mutter besuchte. Es war ein Zauber. Es genügten ein paar Töne, ein kurzer Rhythmus und schon ging die Musik in Rose über und schlängelte sich wie eine kitzelnde Laolawelle durch ihren Körper. Eine Euphorie, mit der sie ansteckte. Wenn sie tanzte, verliebte sich Jo jedes Mal aus Neue in Rose. Gerade warf sie ihr Bein schwungvoll elegant in die Luft und –"

[...]

© 2015-16 Kora Kutschbach

P.S.: Ein klein wenig mehr zu meinem Schreibprojekt namens "Contemporary" gibt es übrigens noch zu lesen.

Freitag, 17. Juli 2015

[Rezension] Flucht aus Oxford (Veronica Stallwood)

Veronica Stallwood: Flucht aus Oxford 

Da ich Kriminalfälle à la Sherlock Holmes und Miss Marple schon immer gern gelesen habe, bleibt mir nach dem Lesen dieses Romans kaum etwas anderes übrig, als gewisse Parallelen festzustellen. Auch erinnerte mich die Geschichte ein wenig an die Serie Mord ist ihr Hobby. Will heißen, vor allem die beherzte Manier des Hobbyermittelns ist ein markantes Merkmal dieses Buches. Daher natürlich klein blutiger Reißer, sondern vielmehr ein patent in Szene gesetztes Rätselraten.


~ Rezension ~

Der Mörder ist dieses Mal ... nicht der Gärtner.

Schriftstellerin Kate Ivory hat Oxford vorübergehend der Rücken zugekehrt und bewohnt nun ein Cottage im beschaulichen Gatt's Hill. Bald schon muss Kate allerdings feststellen, dass es hier weitaus weniger idyllisch zugeht als vermutet. Zuerst taucht überraschend ihre weltgewandte Mutter Roz auf. Dann wird Kates Gärtnerin Donna tot aufgefunden. Kate und Roz sind bestürzt und beschließen, den mysteriösen Tod näher unter die Lupe zu nehmen. Gemeinsam mit dem Dorfpfarrer Tim sind sie bald die Einzigen, die ein Verbrechen hinter dem plötzlichen Ableben der jungen Frau vermuten. Welches brisante Geheimnis versucht die feine Gesellschaft von Gatt's Hill zu hüten?

Flucht aus Oxford von Veronica Stallwood ist ein Krimi aus der Kate-Ivory-Reihe, der in einem angenehmen und irgendwie charakteristisch britischem Stille-Wasser-sind-tief-Gewand daherkommt.

Neben Kate, die als Protagonistin ihr eigenes persönliches Päckchen zu tragen hat, treten vor allem ihre Mutter und Pfarrer Tim aus dem Figurenensemble heraus. Das Trio ergänzt sich trotz oder gerade wegen charakteristischer Unterschiede sehr ansehnlich. Während Kate stets eine Nuance distanziert wirkt, ist Roz die Energische und Tim repräsentiert den verständnisvollen, Vorurteile schluckende Freund.

Veronica Sallwood gelingt es, eine Atmosphäre zu kreieren, die dem Leser unaufdringlich, aber dennoch bestimmt mit den Gepflogenheiten eines englischen Kriminalfalls bekannt macht. Weder rabiate Action noch atemlos machende Spannung werden heraufbeschworen. Dafür wird ein kniffliges Rätsel mit Bedacht und beherzter Eigeninitiative gelöst. Mal mit cleverem Charme, mal mit ambitionierter Waghalsigkeit gehen die drei Amateurermittler dabei zu Werke. Eine Mischung, die ich, in Kombination mit der vorwiegend gewählten Ausdrucksweise und einer nicht selten aufgegriffenen britischen Etikette, mochte. Allerdings werden in Zuge dessen die individuellen Profile der Figuren vorrangig nur skizziert, nicht jedoch vollends ausmodelliert.

Der Spannungsbogen zeichnet sich durch kleine Raffinessen aus und wird im Großen und Ganzen auf Augenhöhe des Lesers gezogen. Das heißt, einige Vermutungen scheinen offensichtlich, während die Autorin hier und da ein Überraschungsmoment eingebettet hat.

Insgesamt ein Krimi, der in solider englischer Manier unterhält und dabei die Schwächen einer auf den ersten Blick gefestigten Gesellschaft feinsinnig reflektiert.

FZIT: Gediegen. Subtil. Geflissentlich. 


Dienstag, 14. Juli 2015

[Rezension] Weit weg und ganz nah (Jojo Moyes)

Jojo Moyes: Weit weg und ganz nah 

Jojo Moyes ist bekannt für ihre emotionsgeladenen Romane. Nachdem mich vor einiger Zeit Ein ganzes halbes Jahr überzeugen konnte, war ich beim Gang in die Bibliothek nun umso erfreuter, dort direkt auf ein weiteres ihrer Werke zu treffen. An dieser Stelle war einmal wenig Zurückhaltung gefragt, und das Buch musste ausgeliehen werden. Gesagt, getan ... gelesen.
Besonders gelungen empfand ich den steten, zwischen den Zeilen mitschwingenden Optimismus, der  mal mehr, mal weniger Halt gab, aber als Konstante eine Präsenz ausstrahlte, der Mut macht, das Leben anzugehen.


~ Rezension ~

Wie lange kann der Glaube an Wunder aufrechterhalten?

Die kleine Tanzie ist ein echtes Genie: Ihre große Leidenschaft ist die Mathematik. Nicky, Tanzies Bruder, wird regelmäßig die Zielscheibe böswilliger Übergriffe. Jess, die alleinerziehende Mum der beiden, rudert Tag und Nacht, um ihren Kindern Hoffnung und Perspektive zu geben. Von Kummer und Nöten möchte sie sich nichts anmerken lassen. Als Jess eines Nachts eine beträchtliche Summe Geld findet, nagt das Gewissen an der jungen Mutter. Soll sie es sofort Mr. Nicholls, dem rechtmäßigen Besitzer, zurückgeben? Oder soll es zuerst Tanzies schulischer Förderung zugutekommen, bevor sie es bestimmt zurückzahlen wird? Noch bevor Jess zu einem klaren Schluss kommen kann, verschlägt es sie, ihre Familie und Mr. Nicholls unter aberwitzigen Umständen auf einen unfassbaren Roadtrip, der das Leben aller von jetzt auf gleich gehörig auf den Kopf stellen soll.

Mit Weit weg und ganz nah erzählt Autorin Jojo Moyes die konfliktreiche und zugleich nahe gehende Geschichte einer Familie, der ein paar wachsende Flügel von Herzen zu wünschen wären.

Diesen Roman prägen Charaktere, deren Ecken und Kanten, Sehnsüchte und Ängste real und aus dem Leben gegriffen scheinen. Es prallen nicht nur Welten materiellen Besitzes, sondern ebenso emotionale Drahtseiltänze aufeinander. Doch anstelle einer scharfen Kollision entwickelt sich vielmehr ein Verschmelzen miteinander. Wobei dies keinesfalls bedeutet, dass die Reibungsfläche kleiner wird. Im Gegenteil. Gefühl und Gewissen bilden zwei der tragenden Säulen der Handlung.

Überdurchschnittlich aufgefallen ist mir das Empfinden, sich Jess' Familie im Verlaufe der Geschichte immer verbundener zu fühlen. Jojo Moyes gelingt es, den Leser auf diesem alles verändernden Roadtrip tatsächlich ein Stück des Weges zu nehmen. Eine Authentizität, die ich sehr schätze. Das ging sogar so weit, dass ich selbst — wie Jess — dieses eine gehütete Geheimnis erfolgreich verdrängt habe, bis es eben nicht mehr zu kaschieren war.

Der Autorin schafft es, eine Tiefschichtigkeit aus Problemen, Bedürfnissen und Hoffnungen zu kreieren, welche dem Handlungsstrang eine markante Solidität verleiht. Greifbare klassische Bedrohungen der eigenen Zufriedenheit wie Versagensangst und chronische Geldsorgen, skrupelloses Mobbing und Vertrauensmissbrauch werden hierbei zur Basis des Romans.

Zwar werden die Geschehnisse durch einen außenstehenden Beobachter wiedergegeben, allerdings durch eine kapitelweise Verlagerung auf die Hintergründe der einzelnen Figuren breit aufgefächert. Während sich die eine Waagschale mit lebensechten Klippen füllt, sorgen auf der anderen Seite hoffnungsgebende, allerdings keinesfalls übertriebene Lichtblicke für eine angenehme Balance. 

Insgesamt nimmt die Handlung für meinen Geschmack erst in der zweiten Hälfte des Romans richtig Fahrt auf. Nichtsdestotrotz beweist Jojo Moyes ein weiteres Mal ihr Fingerspitzengefühl im Umgang mit zwischenmenschlichen Spannungsfeldern. Ein Roadtrip, der in Erinnerung bleibt, weil er Skurrilität mit Wahrhaftigkeit vereint.

FZIT: Begegnend. Festhaltend. Kurvenreich.


Donnerstag, 9. Juli 2015

[Rezension] Second Glance (Jodi Picoult)

Jodi Picoult: Second Glance 
[deutscher Titel: Zeit der Gespenster]


Obgleich dieser Roman aus der Feder Jodi Picoults mittlerweile zu ihren "älteren" Werken zählt, unterstreicht die Geschichte einmal mehr das großartige Können der Autorin, erinnerungswürdige Handlungen zu kreieren. Eine Fähigkeit, mit der mich Jodi Picoult, seit ich vor Jahren begonnen habe, ihre Bücher zu lesen, stets zu beeindrucken weiß.
Dieses Mal vollzieht sie eine Gratwanderung zwischen Gegenwart und Vergangenheit, die in einem Moment schmerzhafte Wunden offen legt und im nächsten wünschenswerte Energien freisetzt.


~ Rezension ~

Wenn du dich in der Suche nach dem Verlorenen verlierst ...

Seit Ross' Verlobte Aimee vor Jahren bei einem Verkehrsunfall ums Leben kam, macht er sich schwere Vorwürfe. Schmerz und Sehnsucht sind ungebrochen. Ein Motor, der Ross antreibt, sich an die Existenz von Geistern zu klammern. Er hat seine Zukunft mit Aimee noch immer nicht aufgegeben. Als er dann eines Tages Lia, einer jungen geheimnisvollen Frau begegnet, spürt er zum ersten Mal seit Ewigkeiten, dass es auch für ihn noch etwas anderes als Trauer und Verzweiflung gibt. Doch ehe es sich Ross versieht, erfasst ihn erneut ein brachialer Strudel aus Unglaublichkeiten und Geistern der Vergangenheit mit gebrochenen Herzen, der ihm und seiner Schwester Shelby den Verstand rauben.

Jodi Picoults Buch Second Glance webt ein emotionales Netz, das Zeiten überdauert. 

Gebrochen, verletzlich, suchend. Diese Attribute zeichnen die Charaktere dieses Romans aus. Allen voran Ross, dicht gefolgt von Lia und Shelby. Sie alle wurden vom Schicksal mit einem schweren Päckchen bedacht. Und so verschieden ihre Lebensumstände sein mögen, so sehr verbindet sie der Wunsch nach Geborgenheit, Nähe und Sicherheit. Der von Jodi Picoult gezeichnete Weg hält einige Umwege und Schlingen bereit, betont aber zugleich die Wichtigkeit, der auf Vertrauen basierenden Grundfeste des Miteinanders.

Neben einem gefühlsbetonten Konstrukt aus bedeutungsvollen Handlungssträngen besticht die Autorin wie gewohnt durch den Einschub von realen Problematiken, deren Reflektion eine große Daseinsberechtigung haben. In diesem Buch liegt das Hauptaugenmerk dabei auf den Eugenik Projekten, welche in den 1920er und 1930er Jahren das Gesundheitswesen der USA erheblich, wenngleich von der Öffentlichkeit abgeschirmt prägten. In diesem Zusammenhang bringt Jodi Picoult gekonnt und fundiert recherchiert die Historie der einheimischen Abenaki Indianer zur Geltung. Eine komplexer Plot, der mich abermals überzeugt hat. 

Individuelle Gefühlsachterbahnen spielen ebenso eine Rolle wie der holistische Blick auf ein (überlebens-) großes Ganzes voller Konfliktpotential. Eine Mischungsverhältnis, welches anspricht.

Sowohl von der Stilistik als auch vom Aufbau des Romans ist Jodi Picoult ihren eigenen Mustern treu geblieben. Die Werdegänge der einzelnen Charaktere werden sowohl parallel nebeneinanderher erzählt, als auch durch das Schaffen gewiefter Schnittmengen miteinander verlötet. Anfangs bedurfte dies für mich ein wenig Gewöhnung an die Vielzahl der verschiedenen Figuren. Doch mit zunehmender Seitenzahl gewannen diese für mein Empfinden an Profil mit zu unterscheidenden Alleinstellungsmerkmalen.

Summa summarum ein wendungsreicher Roman, der die Facetten von Liebe und Moral, Zusammenhalt und generationsübergreifenden Feindseligkeiten in breiten Schattierungen an den Leser heranträgt.

FZIT: Überraschend. Triftig. Überdauernd. 


Dienstag, 7. Juli 2015

[Rezension] The Guernsey Literary and Potato Peel Pie Society (M.A.Shaffer & A. Barrows)

Mary Ann Shaffer & Annie Barrows: The Guernsey Literary and Potato Peel Pie Society 

The Guernsey Literary and Potato Peel Pie Society gehört zu den Romanen, die mir von meinem Freundeskreis ans Herz gelegt worden sind. Ich verbuche das an dieser Stelle gern einmal als Glücksfall. Denn die Prophezeiung, mir würde dieses Buch bestimmt gefallen, trat zweifellos ein.

Ich formuliere es so: Die Aufmerksamkeit, welche der pfiffige Titel weckt, wird durch den gleichermaßen berührenden wie humorvoll aufgefächerten Inhalt sofort aufgefangen und in neue Höhen katapultiert. 


~ Rezension ~

Eine Hommage an die Brieffreundschaft

England, 1946: Autorin Juliet Ashton hat sich während der Kriegsjahre unter dem Pseudonym Izzy  Bickerstaff einen Namen gemacht, weil sie trotz all der Widrigkeiten Esprit und Witz nie verloren hat. Doch nun möchte Juliet nicht länger als Izzy schreiben. Sie möchte ganz und gar sie selbst sein dürfen. Wie es der Zufall will, entwickelt sich genau zur rechten Zeit ein eloquenter Briefwechsel zwischen Juliet und den ihr bis dato völlig fremden Mitgliedern des Buchclubs Guernsey Literary and Potato Peel Pie Society. Juliet spürt, dass diese Verbindung etwas Einzigartiges in sich birgt. Kann dieses neu geknüpfte Band einer Brieffreundschaft vielleicht sogar die Antwort auf Juliets Suche nach sich selbst sein?

The Guernsey Literary and Potato Peel Pie Society von Mary Ann Shaffer und Annie Barrows ist ein feiner Roman, der den Leser zu umarmen weiß.

Das Besondere an diesem Buch ist, dass die Handlung einzig durch den kurzweiligen Briefwechsel zwischen den verschiedenen Protagonisten erzählt wird. Eine Vielfalt an kleinen persönlichen Episoden, die sich zu einem illustren Mosaik lückenlos zusammenfügen, entsteht.

Mary Ann Shaffer selbst stieß durch glücklichen Zufall auf ihre Faszination für die kleine Insel Guernsey. Ein Gefühl, welches sie Jahre später in ihrem einzigen Roman — die Autorin verstarb noch vor der endgültigen Publikation ihres Buches  einfangen sollte. Jene persönliche Verbundenheit zu Guernsey kommt auf sehr angenehm-filigrane Weise in der Geschichte Juliets zur Geltung. Eine, wie ich finde, absolute Stärke des Romanes.

Protagonistin Juliet Ashton ist eine fortschrittliche, eigenständige und kreative Frau, die ihrer rerufung als Schriftstellerin einfühlsam, aber bestimmt nachkommt. Flankiert wird diese sympathische Persönlichkeit von einer Gruppe gleichsam einprägsamer Charaktere, die jeweils ihre Sicht der Dinge auf die Besatzungszeit Guernseys durch Deutschland beizusteuern haben. Womit wir bei einem weiteren gelungenen Element des Buches wären: Mary Ann Shaffer gelingt es, ein Stück traurige Historie respektvoll, aber mit einer stimmigen Prise Gewieftheit versehen zum Eckpfeiler ihrer Handlung zu machen. Dass die Menschen selbst in den bitteren Kriegswirren nie gänzlich den Silberstreif am Horizont aus den Augen verloren haben und Zusammenhalt und Erfindungsreichtum ihnen Rückgrat verliehen, ist eine unmissverständliche Botschaft des Werkes.

Ein Wechsel zwischen Leichtigkeit, (Galgen-) Humor und Ernsthaftigkeit charakterisiert die Tonalität der Erzählung. Bittere Erinnerungen gehen Hand in Hand mit der verheißungsvollen Süße des Neuanfangs. Während des Lesens hatte ich das Empfinden, das Vergangene gemeinsam mit Juliet und ihren Freunden zu verarbeiten. Der Leser wird sozusagen selbst zu einem Mitglied des verschroben-liebenswürdigen Buchclubs auf Guernsey.

Insgesamt ein geschliffener Roman, der als Hommage an die Wertigkeit der Brieffreundschaft ein Plätzchen in vielen Buchregalen verdient hat. Ein Muss für all diejenigen, deren Herz auch im digitalen Zeitalter für Briefbogen und Füllfederhalter schlägt.

FZIT: Persönlich. Redegewandt. Positiv. 


Donnerstag, 2. Juli 2015

[Rezension] Heart. Beat. Love. (James Patterson & Emily Raymond)

James Patterson & Emily Raymond: Heart. Beat. Love. 

Um es ohne lange Umschweife auf den Punkt zu bringen: Dies ist eines jener Bücher, die ich unbedingt lesen wollte. Und dank der liebe Hannah von Wonderworld of Books war mir dieses Buchglück schneller vergönnt als gedacht. Danke schön!!!

Inzwischen dürfte es sich herumgesprochen haben, dass ich ein echter Fan von "Roadmovielektüre" bin. Eben daher konnte ich es nicht erwarten, mich kopfüber in dieses im dtv Verlag erschienene Abenteuer zu stürzen.
Was soll ich sagen? ... Ich fühlte mich, als würde ich Axi und Robinson auf dem Sozius begleiten.


~ Rezension ~

Herzschlagmomente, in denen du dich unsterblich fühlst.

Axi, das brave Mädchen von nebenan, fasst einen Entschluss: Sie muss raus. Raus aus Klamath Falls, ihrer Heimatstadt, in der sie nichts mehr hält. Kurz vor den Abschlussprüfungen weiht sie ihren besten Freund Robinson in ihn Vorhaben ein. Ohne lange zu zögern, stimmt er zu, Axi auf ihrem Roadtrip quer durch die USA zu begleiten. Ehe es sich Axi versieht, sitzt sie, an Robinson geklammert, auf einer gestohlenen Harley und die beiden steuern einem Abenteuer mit unbestimmtem Ausgang entgegen. Denn wenngleich Axi endlich das Gefühl von Freiheit verspürt, weiß sie auch, dass es gewisse Schicksalsfügungen gibt, denen sie auf Dauer einfach nicht entkommen kann. Diese bittere Erkenntnis hat sie das Leben schon zu oft gelehrt.

Heart. Beat. Love. von James Patterson und Emily Rayond ist ein Jugendbuch in bestem Roadmovie-Stil, das Herzklopfen, (Über-) Mut und Entschlossenheit auf überzeugende Weise vereint.

Axi und Robinson begeben sich auf die Reise ihres Lebens. Sie sind zwei Teenager, die für einen Sommer der Realität entfliehen wollen. Sie sind beste Freunde, Verbündete und nicht zuletzt Seelenverwandte. Doch manchmal ist selbst all dies nicht genug. Axi und Robinson wollen sich und der Welt das Gegenteil beweisen. Humorvoll, wortgewandt und spontan einerseits; rührend, ernsthaft und endlich andererseits. 

Neben dem umwerfenden Abenteuer des ungewissen Roadtrips ist den beiden Protagonisten das kribbelnde Gefühl der ersten großen Liebe vergönnt. Eine herrlich warmherzige Komponente, die dem Roman weiteren Auftrieb verleiht. Ohnehin ist das Miteinander von Axi und Robinson geprägt von Empathie, Originalität und Authentizität. Eine, wie ich finde, von James Patterson und Emily Raymond wundervoll porträtierte Freundschaft, Loyalität, Liebe. 

Während im ersten Teil des Buches noch die Überschwänglichkeit der Abenteuerlust die Oberhand gewinnt, bricht im zweiten Teil eine spürbare Tiefgründigkeit an die Oberfläche. Stürmische Unbefangenheit und lähmende Hilflosigkeit gehen — wie Axi und Robinson — Hand in Hand nebeneinander her. Ein Grundtenor, der mich persönlich wirklich begeistert.

Temporeich, lässig und damit vollends dem Inhalt angepasst schreitet die Reise voran und inspiriert ganz nebenbei, sich selbst einmal mit Haut und Haar und Herz auf einen Roadtrip einzulassen. Großartig! Das vielleicht hier und da fehlende letzte Quäntchen allumfassende Tiefenschärfe wird durch das unnachahmliche Miteinander der beiden Protagonisten absolut wettgemacht. Hinzu kommt eine beachtliche Kollektion an Fotoaufnahmen, die Zeugnis jener einmaligen Reise sind. Ein feiner und im wahrsten Sinne des Wortes bildhafter Bonus.

Die Botschaft "Lebe und liebe mit jedem Herzschlag!" ist obendrein wohl das wertvollste Souvenir dieses Abenteuers.

Insgesamt ein Jugendbuch, das einem erfrischenden, ergreifenden und erlebnisreichen Ticket für eine kleine Portion grenzenlosen Glücks gleichkommt.

FZIT: Einladend. Berührend. Verwegen.