[...]
"Sie
liebte Sonntage wie diesen. Die Sonne war gerade aufgegangen und
durchflutete das Zimmer mit goldenem Licht. Musikalische Klänge der
1960er Jahre – einer lang vergangenen Ära – erfüllten ihre
Wohnung unterm Dach mit Lebendigkeit. Und wie die Noten der Musik
sprangen Rose und Jo, zwei Pingpongbällen gleich, über die Dielen
und tanzten ausgelassen Rock'n'Roll.
Jo war Musiker, kein geborener
Tänzer. Aber dennoch ergänzte er Rose nach bestem Wissen und
Gewissen auf ihrer eigens auserkorenen Tanzfläche perfekt. Rose sog
diese Augenblicke in sich auf und hütete die Erinnerungen daran wie
einen Schatz. Jo wiederum liebte das feurige Leuchten in Roses Augen,
wenn sie sich wie ein Kreisel um ihn drehte.
Sie strahlte dann all
diese Zufriedenheit aus, die jegliche Unsicherheit wegfegte. Während
des Tanzens öffnete Rose die Türen zu ihrer wirklichen Welt. Sie
ließ sich fallen und er durfte sie auffangen. Das Glühen auf ihren
Wangen war echt und bezaubernd schön. Nichts im Vergleich zu dem
zarten und zugleich unnatürlichen Rosa, das sie sich mit pudrigem
Rouge lieblos ins Gesicht klatschte, wenn sie aus reinem
Pflichtgefühl ihre Mutter besuchte. Es war ein Zauber. Es genügten
ein paar Töne, ein kurzer Rhythmus und schon ging die Musik in Rose
über und schlängelte sich wie eine kitzelnde Laolawelle durch ihren
Körper. Eine Euphorie, mit der sie ansteckte. Wenn sie tanzte,
verliebte sich Jo jedes Mal aus Neue in Rose. Gerade warf sie ihr
Bein schwungvoll elegant in die Luft und –"
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© 2015-16 Kora Kutschbach
P.S.: Ein klein wenig mehr zu meinem Schreibprojekt namens "Contemporary" gibt es übrigens noch zu lesen.