Tamta Melaschwili: Abzählen
Als mir seitens des Unionsverlages freundlicherweise angeboten wurde, dieses Buch zu lesen - vielen Dank dafür -, überlegte ich nicht lange. Denn ich war der Meinung, dass ein Roman mit derart viel Bewusstsein fürs reale Leben absolut einen bleibenden Eindruck hinterlassen könne.
Mit dem Wissen im Hinterkopf, wie nah die Autorin selbst dem im Buch geschilderten Schicksal gekommen ist, wirken die Leseeindrücke umso intensiver. Das ist unbestreitbar!
~ Rezension ~
Furchtlos in der Zeit der Furcht
Furchtlos in der Zeit der Furcht
Es
herrscht Krieg in Georgien. Hilflosigkeit, Resignation und Leid
umgeben die Freundinnen Zknapi und Ninzo. Doch inmitten all des
Elends trotzen die beiden Teenager mutig den Widrigkeiten, stehen für
das Wohl ihrer Familien ein und riskieren dabei nicht wenig. Längst
fühlen sich die Mädchen nicht mehr als Kinder. Umgeben von
Mittelllosigkeit, Krankheit und eiskalten Waffen beweisen sie, dass
Einfallsreichtum und Tapferkeit nicht nur den Männern vorbehalten
ist. Teils gewieft, teils übermütig stellen sich Zknapi und Ninzo
nicht nur dem traurigen Verdruss des Krieges, sondern gleichermaßen
den ganz alltäglichen Konflikten des Erwachsenwerdens.
Für
ihren intensiven Debütroman Abzählen
wurde Tamta
Melaschwili in
ihrer Heimat mehrfach ausgezeichnet. Dabei handelt es sich um eine
bittersüße Geschichte, die von autobiographischen Erfahrungen
geprägt wurde.
Die Autorin beweist Fingerspitzengefühl und gibt den filigranen Facetten
einer vom Schicksal gebeutelten Gesellschaft zwei besondere Gesichter. Exemplarisch für das Kriegsleben unzähliger Familien wird
die Geschichte der 13-jährigen Zknapi und Ninzo erzählt.
Als
beste Freundinnen, die vieles verbindet und dennoch einiges
unterscheidet, rebellieren die Protagonistinnen mit Kraft, (Galgen-)
Humor und Gerissenheit gegen eine gesellschaftliche Tragik und
kämpfen für das Wohl ihrer Liebsten. Dabei bleibt es nicht aus,
dass jugendlicher Leichtsinn ihrem Einsatz Flügel verleiht.
Obgleich
Tamta Melaschwili den Leser nur für drei Tage an die Seite der
Charaktere holt, fächert sie eine Bandbreite an Emotionalität auf,
die stets einem Balanceakt zwischen offenkundiger Brutalität und
Überlebenskampf sowie dem Drang nach unbeschwertem Jugendlichsein
entspricht.
Ebenjene Jugendlichkeit wird vor allem auch in der unverblümt direkten Rhetorik aufgegriffen. Einzig der durchgehende, ohne Absätze versehene Blocktext sowie die bewusst nicht in Anführungszeichen gesetzte wörtliche Rede erleichtern den Einstieg in die Geschichte nicht unbedingt. Doch dann wiederum kann gesagt werden, dass dieses Stilmittel die schwere, undurchdringliche und alles andere als einfach zu ertragende Situation innerhalb des Romans reflektiert.
Ebenjene Jugendlichkeit wird vor allem auch in der unverblümt direkten Rhetorik aufgegriffen. Einzig der durchgehende, ohne Absätze versehene Blocktext sowie die bewusst nicht in Anführungszeichen gesetzte wörtliche Rede erleichtern den Einstieg in die Geschichte nicht unbedingt. Doch dann wiederum kann gesagt werden, dass dieses Stilmittel die schwere, undurchdringliche und alles andere als einfach zu ertragende Situation innerhalb des Romans reflektiert.
Die
Präzision, mit der es die Autorin schafft, die haarscharfe Grenze
zwischen Freud und Leid zu skizzieren und dabei eine Eindringlichkeit
zu vermitteln, empfand ich als durchaus bemerkenswert. Der laute
Appell an die Menschlichkeit schallt über die gellenden Sirenen des
Krieges hinaus.
Die
niedergeschriebene Stimme der Tamta Melaschwili ist eine, die es zu
lesen gilt. Generationsübergreifend, publikumsnah und ehrlich werden
wir Leser mit realen Konflikten konfrontiert, welche einer schnellen
und nachdrücklichen Lösung bedürfen.
F★ZIT: Menschlich.
Unerschrocken.
Messerscharf.