Anne Sonntag: Eigentlich Liebe
Dass Anne Sonntag, die bis dato als Anne Freytag erfolgreiche Romane als Indie-Autorin unters lesefreudige Völkchen gebracht hat, nun Verlagsautorin ist, freut mich persönlich riesig. Denn ihre Geschichten müssen einfach von mehr und mehr Bücherwürmern vertilgt werden. Ihre Worte sind schlichtweg zu bekömmlich. So sehe ich das.
Danke schön, liebe Anne, für die herzliche Widmung, die mein Exemplar des Romans ziert! Schon allein die ist mehr als ein Strahlen wert. Ebenfalls möchte ich mich beim Piper Verlag bedanken, der mich im Rahmen einer einladenden Bloggeraktion mit einem Rezensionsexemplar bedacht hat.
Cover: Piper Verlag
~ Rezension ~
Ja. Nein. Vielleicht. Eigentlich!
Die Freundinnen Clara, Vero und Hanna sind zur Hochzeit ihres ehemaligen WG-Mitbewohners Hannes eingeladen. Doch aus dem rauschenden Fest, scheint ein Desaster zu werden. Dringende Deeskalation ist erforderlich! Denn Liebeskummer, Enttäuschung und schlechtes Gewissen sind nicht die besten Begleiter, um die Liebe zu feiern. Die Freundinnen beschließen nichtsdestotrotz, gute Miene zum (Versteck-) Spiel zu machen und sich nichts anmerken zu lassen. Dass dieser Plan jedoch zum Scheitern verurteilt ist, dafür sorgt das Schicksal in Form der Gästeliste höchstpersönlich. Denn plötzlich schäumen die Gefühle über wie der Inhalt einer gut geschüttelten Champagnerflasche. Allerdings folgt auf den Rausch nicht selten eine ernüchternde Übelkeit. Droht also bereits das nächste Herzschmerzchaos?
Anne Sonntags Eigentlich Liebe ist ein quicklebendiger Roman, dessen laut klopfende Herzschlagfrequenz sich unterhaltsam zwischen reizvoll und reizbar auf der emotionalen Richterskala einpendelt.
Mit ihrem mal im siebten Himmel schwebenden, mal zu Tode betrübten Damentrio hat Anne Sonntag Protagonistinnen Leben eingehaucht, die ebenso gut dem einen oder anderen populären TV-Drama hätten entspringen können. Während Clara nach dem überraschenden Ende ihrer Beziehung gegen bodenloses Entsetzen ankämpft, sieht Hanna ihrem attraktiven und zu allem Überfluss verheirateten Nachbarn (zu) tief in die Augen und Vero wird gezwungen, sämtliche Prioritäten neu zu ordnen. Hinzu kommt ein verheißungsvolles Ensemble an männlichen Charakteren, das ein sich anbahnendes rosarot angehauchtes Liebeswirrwarr bilderbuchhaft komplettiert.
Ein viel versprechendes Gesamtbild, das durchaus stimmig ist. Allerdings muss ich für mich persönlich anmerken, dass bis zum Ende hin eine stets präsente Distanz zwischen den Hauptfiguren, deren inneren Stimmen und mir gewahrt wurde, die Beständigkeit hat.
Obgleich die Idee hinter der Geschichte keinesfalls brandneu ist, besticht Anne Sonntag bei der Umsetzung ihres sehr eigenen Konzepts durch Akzente, die für Erfrischung sorgen. Das Zeitfenster der eingefangenen Handlung umfasst nur knapp eineinhalb Tage und der Autorin gelingt es, gerade dank ihres herrlich ungezwungenen Erzählstils, eine detailgeschmückte Dynamik zu kreieren, die ich sehr schätze. Der angeschlagene Ton reicht dabei von witzig über nachdenklich bis hin zu demonstrativ lasziv. Eine entscheidende Zutat des servierten Cocktails aus Entschlossenheit, Schockstarre und Wehmut ist obendrein ein ordentlicher Schuss knisternde Schlafzimmerfantasie.
Die Atmosphäre des Handlungsverlaufs entspricht der gewählten Kulisse und kommt dementsprechend mit opulenter Gefühlsbetontheit daher. Mal aufbrausend, mal angeheitert, mal leidenschaftlich, mal zwiegespalten. Geboten wird Spielraum für Was-wäre-wenn-Herzensangelegenheiten: bewährte Logik oder ekstatische Intuition?
Ein Blick auf die Rhetorik bestätigt (mir) einmal mehr, dass Anne Sonntag weiß, wie sie Bilder nicht mit Farbe und Pinsel, sondern mit Worten zu malen hat. Die Balance zwischen ausladender Bildhaftigkeit und spritziger Kurzweiligkeit gelingt ihr zweifelsohne. Gleichsam werden klassische Komponenten, ohne die ein hoffnungsloser Romantiker nicht kann, liebevoll mit realen Ecken und Kanten versehen, sodass auch hier das Ergebnis der Gleichung ein Genuss ist.
Leser dieses Romans werden Zeugen einer quirligen Novemberhochzeit voller flirrender Frühlingsgefühle. Das Ja-Wort avanciert schlichtweg zur hübschen Nebensache, während sich das Nein-Vielleicht-Eigentlich-Roulette im Herbstwind dreht.
F★ZIT: Anziehend. Aufbäumend. Ausziehend.