"Wer bereits als Kind die Welt zwischen den Zeilen für sich entdeckt, geht auch später gern als Abenteurer durchs Leben." {Creativity First}

Dienstag, 6. Dezember 2016

[Rezension] Big Magic (Elizabeth Gilbert)

Elizabeth Gilbert: Big Magic — Creative Living Beyond Fear 

Mit ihrem Buch Big Magic hat Elizabeth Gilbert eine flammende Huldigung der Mannigfaltigkeit von Einfallreichtum und Originalität verfasst. 

Dazu gehören, na klar, die überglücklichen Nächte, in denen sie all ihr Herzblut in eine Geschichte gepackt hat, und die leuchtenden Sternstunden nach dem Überraschungserfolg von Eat Pray Love. Aber eine genauso bedeutsame und prägende Rolle spielen hierbei auch die verzweifelte Suche nach dem zündenden Funken und die anfangs bittere, später dankbare Erkenntnis, dass manche mühsam erarbeiteten Manuskripte einfach losgelassen werden müssen. Schmerzhaft? Ja. Das Ende der Welt? Nein.

Cut!

Mit großer Sogwirkung, aber nichtsdestotrotz Freiraum gebend hält Elizabeth Gilbert ihre Leser dazu an, stets mit unbeirrter Neugierde und wachsamen Blick für all das (Un-)Mögliche durchs Leben zu gehen.


~ Rezension ~

Der Zauber der kleinen kreativen Schritte

Elizabeth Gilbert ist eine weltbekannte und von Millionen Menschen geschätzte Bestsellerautorin. Doch auch sie schüttelt ihre Werke nicht aus dem Ärmel, obgleich sie sich seit Jahrzehnten mit größter Hingabe dem Erfinden und Erzählen von Geschichten verschrieben hat. Im Gegenteil. Sie kennt beide Seiten der Medaille nur zu gut: das Für-Genialität-gefeiert-Werden und die beängstigende Leere während des endlosen Wartens auf die Muse — eben die "Big Magic", wie Elizabeth Gilbert diese Initialzündung nennt. 

Elizabeth Gilberts Buch Big Magic — Creative Living Beyond Fear ist eine enthusiastische Hommage an all die (un-)geduldigen, sich (miss-)verstanden fühlenden Künstler dieser Welt. Die Autorin wird dank ihrer teils philosophisch, teils erfrischend unbekümmert geteilten Facetten eigener Lebenserfahrung zu einer Mentorin, die ihr Herz auf der Zunge trägt.

Kreativität ist ein uns (temporär) zuteilwerdendes Geschenk. Wir können sie weder erzwingen, noch garantieren. Wir können schlichtweg dankbar dafür sein, wenn wir mittels unserer eigenen Weltoffenheit, Neugier und Beharrlichkeit einer Idee begegnen, die von uns geformt und geteilt werden möchte. Elizabeth Gilbert unterstreicht konsequent, dass die von ihr beschriebene Big Magic eine Kraft ist, die sich uns aussucht — nicht umgekehrt.

Anhand ihres eigenen Werdegangs, der von jubelnden Hochs und nicht minder verlässlichen Tiefs gezeichnet ist, nimmt die Autorin ihren Lesern Illusionen. Wer nun allerdings glaubt, das mache sie zu einer Spielverderberin, der irrt. Denn obwohl sie vehement die Wunschvorstellung vom leichten, dauerhaft währenden Erfolg als kreativer Kopf demontiert, wird sie zur absoluten Mutmacherin. Weshalb? Weil Elizabeth Gilbert mit ebenso großem Nachdruck den Trugschluss beseitigt, eine kreative Blockade oder ein Scheitern wären das Ende unserer Berufung. Von wegen! Es sind gerade jene gefürchteten Rückschläge, die unserem Schaffen Profil, Wertigkeit und nicht zuletzt Glanz geben. 

Eine Vielzahl von Anekdoten aus dem Leben geistreicher Weggefährten und/oder Leidensgenossen, die unbeirrte Reflexion menschlicher Ecken und Kanten sowie ein Streifzug durch das schier unergründliche Universum der Schöpferkraft ermöglichen dem Leser einen weiteren aufschlussreichen Blick über den Tellerrand des eigenen Flows bzw. des eigenen Haderns hinaus.

Was mich an dieser wunderbaren Lektüre neben der Dichte an inhaltlichen "Weisheiten" besonders in den Bann zieht, ist zweifelsohne die Persönlichkeit Elizabeth Gilberts. Ihre Worte sind scharfsinnig und absolut beflügelnd. Ihr Humor und ihre Selbstironie sind bestechend. Ihre Fähigkeit, Verständnis für Fürsprecher und Querulanten aufzubringen, ist beispielhaft. Die betonte Daseinsberechtigung von gebührendem Erfolg und totaler Pleite, die Dankbarkeit für ihr gegebene Möglichkeiten, die blühende Überzeugung der Sinnhaftigkeit des großen, uns alle überdauernden Ganzen sind schlichtweg ansteckend.

Mit diesem Buch macht Elizabeth Gilbert die vielgestaltige, an sich nicht zu greifende Kreativität doch ein klein wenig (be-)greifbar. Gleichgesinnte werden sich von den gut 270 Seiten umarmt fühlen.

FZIT: Unverblümt. Loyal. Anspornend.