"Wer bereits als Kind die Welt zwischen den Zeilen für sich entdeckt, geht auch später gern als Abenteurer durchs Leben." {Creativity First}

Mittwoch, 27. Februar 2013

[Schreibzeugkiste] Mehr als nur ein Personalpronomen

Ich oder doch lieber er, wir oder vielleicht auch sie. Wer soll eine Geschichte erzählen? 

Die Wahl der Erzählperspektive - nicht zu verwechseln mit der Vogelperspektive - gibt oftmals unbewusst einen nicht zu unterschätzenden Ausschlag darüber, wie sehr uns ein Buch einnimmt, wie stark wir mit den Figuren fühlen oder welche Distanz zwischen Charakter und Leser entsteht. Ein Autor hält demnach bereits mit der Entscheidung jener banal erscheinenden Frage ein gewisses Zepter in der Hand. 

Hab ihr schon einmal darauf geachtet, welche Erzählperspektive ihr am liebsten mögt? Aus welcher Sicht geht euch das Schreiben wie von selbst der Hand?

Ich habe - weder beim Lesen noch beim Schreiben - eine spezifische Präferenz, vielmehr denke ich, es kommt auf den Kontext drauf an. 

Den Ich-Erzähler empfinde ich als äußerst passend, wenn die großen Emotionen und scharfsinnigen Gewissensfragen Programm sind. Immerhin berichtet hier sozusagen eine Figur selbst von Geschehnissen, was dem Ganzen Persönlichkeit, Ausführlichkeit und Individualität verleiht. Natürlich bleibt damit zumeist der Blick in die Herzen und Köpfe der anderen Figuren außen vor.

Der Er-/ Sie-Erzähler gehört für mich perfekt in Geschichten, die einen weit gespannten Rahmen wiedergeben, in dem es vor allem auf Beobachtungsgabe und Facettenreichtum ankommt.

Wird die Geschichte aus der Ich-Perspektive zum Besten gegeben, liegt die Assoziation nahe, der Autor hätte ein ganzes Stückchen mehr von sich selbst preisgegeben und in den kreierten Charakter hineingelegt, als es bei der distanzierteren Perspektive der Fall ist. Klar, kann sein, muss es aber nicht! Trugschlüsse sind ebenso gegeben wie zielsichere Punktlandungen bezüglich solcher Vermutungen. Doch was ist nun wahr und was ist reine Fiktion? Spannende Frage! Ich sage das aus eigener Schreiberfahrung. 
Aber gerade jene Annahmen seitens der Leser sind es doch, die das gesamte Leseerlebnis um einiges spannender und unerwarteter machen, als es ohne Interpretationen und Vermutungen jeglicher Art wäre. Meint ihr nicht?

Wie die Trivialität eines Personalpronomen doch zu einer halben und wohl durchdachten Staatsaffäre werden kann ... Hach ja, wie ich die Spielwiese namens Schreiben doch mag!